Die neue Ära

Der Aufschwung nach dem Krieg: einer der ersten "neuen" Stadtbahnzüge der Typen "N1" und "N2".
Gegenüber den alten Wagen war die Inneneinrichtung der neuen Züge zwar sehr modern, aber trotzdem einfach gestaltet.
Die typische Handbewegung eines Bahnsteigabfertigers bei der Abfahrt eines Stadtbahnzuges in der Station Meidling Hauptstraße.
Ein "alter" Stadtbahnzug der Linie" GD" kommt in die im Zuge der Beseitigung der Kriegsschäden vollkommen neu gestaltete Station Westbahnhof (1955).
Das "Gesicht" der neuen Stadtbahn: der Triebwagen N1 2888.
Ein "GD"-Zug vor der Station Meidling Hauptstraße bei der "Otto-Wagner-Brücke".

Der langjährige Betrieb, die eingeschränkte Wartung während der Kriegsjahre und auch die Beschädigungen durch Kampfhandlungen hatten dem Wagenpark der Stadtbahn stark zugesetzt. Daher ging man daran, die Wagen durch eine neue Fahrzeuggeneration zu ersetzen. Obwohl die Notwendigkeit für die Anschaffung von echten Schnellverkehrsfahrzeugen bekannt war, konnte aus finanziellen Gründen wieder nur an den Bau von zweiachsigen Fahrzeugen gedacht werden. Außerdem war man aus wirtschaftlichen Erwägungen gezwungen, viele Teile der alten Fahrzeuge in die neuen Wagen einzubauen.

Diese neuen Wagen wurden vom Werk Simmering der Firma Simmering-Graz-Pauker in Stahlbauweise hergestellt. Die Plattformen bekamen elektropneumatische Falttüren, wodurch die vielen Unfälle, die sich bisher beim Auf- und Abspringen bei den alten Wagengarnituren ereignet hatten, verhindert werden konnten. Auch sonstige Verbesserungen, wie zum Beispiel eine zusätzliche, elektropneumatische Betriebsbremse und automatische Scharfenbergkupplungen, wurden in die neuen Stadtbahnwagen (130 Triebwagen, Type "N1", Nummern 2870 - 2999 und 200 Beiwagen, Type "n2", Nummern 5800 5999) eingebaut.

Der erste Zug der neuen Stadtbahnwagengeneration wurde der Öffentlichkeit am 12. Juli 1954 zur Benützung übergeben. Die erste Baurate der N1-n2-Stadtbahnwagen, 42 Triebwagen und 55 Beiwagen, hatte tiefgezogene Seitenblech-Schürzen im Bereich des Fahrwerkes. Diese Wagen wurden aber später an die Normal-Ausführung angeglichen.

Im Laufe der Jahre wurden nun die alten Stadtbahnfahrzeuge abgewrackt, die brauchbaren Teile, wie zum Beispiel Drucklufteinrichtungen, Fahrschalter, Schütze, Fenster, Achsen, Motoren und Fahrtwender, wurden für die neuen Wagen verwendet. Der letzte "alte" Stadtbahnzug verkehrte am Ostermontag, dem 3. April 1961.

In betrieblicher Hinsicht änderte sich durch den Einsatz der neuen Wagen vorerst nichts. Der Betrieb wurde nach wie vor mit einem Fahrer und einem Zugbegleiter pro Zug und stationären Bahnsteigabfertigern durchgeführt. Auch die Zugzusammenstellung behielt man wie bei den alten Garnituren bei: drei bis neun Wagen mit bis zu drei Triebwagen pro Zug. Speziell die imposanten Neun-Wagen-Züge, die bis zum 4. Juli 1981 verkehrten, waren in dieser Form wohl einmalig auf der ganzen Welt. Da auch die Motoren aus den alten Stadtbahnwagen übernommen worden waren, konnte die bisher geltende Höchstgeschwindigkeit von 40 Stundenkilometern nicht erhöht werden. Eine einschneidende Reform der Betriebsart trat erst ab 16. August 1965 mit der Einführung eines neuen Zugüberwachungssystems in Kraft. Die bisherigen mechanischen Fahrsperren, die nur bei stellwerksbedienten Signalen montiert waren, wurden ausgebaut. Statt dessen wurden bei jedem Signal Gleismagnete eingebaut, die einen Zug bei Überfahren des "Halt" zeigenden Signals zum Stillstand brachten.

In Verbindung damit erhielten die Triebwagen auch eine "Totmanneinrichtung" zur Überwachung der Dienstfähigkeit des Fahrers. Damit konnte man den zur Signalbeobachtung neben dem Fahrer mitfahrenden Zugbegleiter von dieser Aufgabe entbinden. Er versah nunmehr den Dienst am zweiten Triebwagen als Zugabfertiger, wodurch die bisher notwendigen Bahnsteigabfertiger eingespart werden konnten.