Der Dampfbetrieb auf der Wiener Stadtbahn

Kaiser Franz Joseph schreitet hinter kirchlichen Würdenträgern zum Eröffnungszeremoniell der Wiener Stadtbahn im Bahnhof Michelbeuern.
Ein Stadtbahnzug wartet in der Station Josefstädter Straße auf die Abfahrt zur Burggasse (ca. 1915).
Zwei Stadtbahnzüge begegnen einander auf der Gürtellinie zwischen Nußdorfer Straße und Währinger Straße (ca. 1902).
Typenzeichnung der Wiener Stadtbahnlokomotive Reihe 30, einer Dreikuppler-Maschine mit Verbundtriebwerk.
Zur Vergrößerung des Fassungsraumes des Kohlentenders bekamen die Stadtbahnlokomotiven an der Führerhausrückwand einen Aufsatz.
Zeitgenössische Zeichnung vom Stadtbahnbetrieb an einem Ausflugssonntag in Heiligenstadt.

Am 9. Mai 1898 wurden die ersten fertiggestellten Teilstücke der Stadtbahn durch Kaiser Franz Joseph 1. feierlich eröffnet. Die Eröffnungsrundfahrt, die der Kaiser mit seinem Hofzug unternahm, führte von der Station Michelbeuern über die Gürtellinie nach Heiligenstadt und von dort über die Vorortelinie nach Hütteldorf. Die Rückfahrt erfolgte über die obere Wientallinie nach Meidling und über die Gürtellinie zum Ausgangspunkt Michelbeuern. In der Station Alser Straße erinnert noch heute eine Gedenktafel an dieses Ereignis.

Ab 11. Mai 1898 stand dann vorerst nur die Vorortelinie im Personenbetrieb, am 1. Juni 1898 wurden die obere Wientallinie sowie die Gürtellinie eröffnet, am 30. Juni 1899 konnte man auf der unteren Wientallinie von Meidling zum Hauptzollamt fahren, und erst am 6. August 1901 wurden der letzte Streckenabschnitt vom Hauptzollamt nach Heiligenstadt sowie der Verbindungsbogen für den Personenverkehr eröffnet.

Der Betrieb auf der Stadtbahn wurde von den k. k. Österreichischen Staatsbahnen mit Dampflokomotiven abgewickelt. In der gesamten Monarchie war der Linksverkehr eingeführt, daher fuhren auch die Stadtbahnzüge im Linksverkehr. Da auf der Stadtbahn Steigungen bis zu 25 Promille - die gleiche Steigung wie auf der Semmeringbahn - bewältigt werden mußten sowie kleinste Bogenradien bis zu 125 Metern und Stationsabstände von durchschnittlich 600 Metern nicht zu umgehen waren, wurden an die Dampflokomotiven sehr hohe Anforderungen gestellt. Die eigentliche Stadtbahnlokomotive, die Reihe 30, die von Sektionschef Dr. Ing. Karl Gölsdorf entwickelt worden war, erfüllte alle an sie gestellten Forderungen. Insgesamt wurden von dieser leistungsstarken Lokomotivtype 113 Stück gebaut.

Auch der von Otto Wagner eigens für die Stadtbahn entworfene Personenwagenpark war in vielen Details sehr zweckmäßig und funktionell, wie zum Beispiel die Plattformtüren, die mittels zweier Scharniere nach beiden Seiten - je nach Perronseite - geöffnet werden konnten.

Insgesamt standen auf der Stadtbahn mehr als 800 Wagen im Einsatz.

Allgemein gesehen wurde die Stadtbahn jedoch von den Wienerinnen und Wienern nicht gern benützt. Gründe dafür waren die Ruß- und Rauchbelästigung in den Tunnels, ein eigener Tarif ohne Umsteigemöglichkeit auf die Straßenbahn und nicht zuletzt die gegenüber der Straßenbahn größeren Zugsintervalle. In Verbindung mit der durch den Dampfbetrieb teuren Betriebsführung sowie durch die kostspielige Instandhaltung der Bauwerke und Bahnanlagen, die durch Ruß und Rauchgase sehr litten, ergaben sich hohe Betriebsabgänge.