Die Bewegung von Straßenbahnwagen mittels der neuen Energieform "Elektrizität" war in vielen Ländern und Städten auch schon längere Zeit eingeführt, in Wien ließ man sich aber noch Zeit. Gründe dafür waren hauptsächlich die finanziellen Schwierigkeiten und die politischen Probleme der privaten Straßenbahngesellschaften mit der Stadtverwaltung Wiens.
Der erste Nachweis der Anwendungsmöglichkeit des elektrischen Stromes in einem Motor gelang Werner Siemens bereits im Jahr 1866, die praktische Nutzung ergab sich jedoch erst 1879, als auf der "Berliner Gewerbeausstellung" eine von Siemens konstruierte kleine Eisenbahn die Besucher vom 31. Mai bis zum 50. September mittels elektrischer Kraft durch die Ausstellung transportierte.
Aber schon im folgenden Jahr konnten auch die Wiener elektrisch fahren: Auf einem Gleis verkehrte eine kleine Elektrolokomotive mit zwei Waggons drei Monate lang im Rahmen der "Niederösterreichischen Gewerbeausstellung" neben der Rotunde.
Überall in der Welt wurden Versuche mit elektrischen Bahnen mehr oder weniger erfolgreich durchgeführt, am erfolgreichsten war aber Werner Siemens, der mit seiner neugegründeten Firma "Siemens & Halske" eine Straßenbahn in Berlin-Lichterfelde baute, die am 16. Mai 1881 dem öffentlichen Verkehr übergeben wurde. Dieses Datum gilt somit als Geburtstag der elektrischen Straßenbahn. Die Bahn in Lichterfelde hatte noch Stromzuführung über die beiden Fahrschienen, aber bereits die im selben Jahr fertiggestellte Bahn auf der Weltausstellung in Paris bekam ihren Fahrstrom über eine oberirdische Fahrleitungsanlage, die mittels geschlitzter Rohre funktionierte, in denen Kontaktschiffchen vom Wagen nachgezogen wurden.
Obwohl diese Bahnen recht gut funktionierten, waren sie nicht mehr als Versuchsanlagen.
Die erste elektrische Straßenbahnstrecke auf dem europäischen Kontinent, die für Dauerbetrieb ausgelegt war, wurde am 22. Oktober 1883 von Mödling in die Brühl eröffnet. Kurioserweise wurde die erste Dampftramwaystrecke Österreichs, die Linie von Hietzing nach Perchtoldsdorf, erst fünf Tage später in Betrieb genommen.
Nun kam die Entwicklung von technischen Einrichtungen der elektrischen Straßenbahnen rasch voran: Die Fahrschalter, vorerst meist nur Ein-/Ausschalter, wurden mit mehreren Fahrstufen ausgestattet, die Serien-/Parallelschaltung für die Motoren wurde angewandt, und die Stromabnahme aus der Oberleitung wurde verbessert. Das Problem der Kraftübertragung von den Fahrmotoren auf die Wagenachsen wurde durch den Amerikaner Frank J. Sprague gelöst, indem dieser den Motor mit der Wagenachse über ein Lager, "Tatzlager" genannt, fix verband. Die Kraftübertragung erfolgte mit einem Zahnradvorgelege.