Aus der Chronik der Badner Bahn

Mit solchen Zügen eröffnete die Badner Bahn am 11. Mai 1899 auf der Strecke Guntramsdorf - Baden den elektrischen Betrieb. (Foto: Sammlung Dr. H. Pötschner)
Sowjetische Infanterie beim Kampf um Wien auf der WLB-Trasse bei Neu Erlaa im April 1945. Links ein Hochbordwagen auf dem Industriegleis in der Altmannsdorfer Allee. Dieses sowie die Bäume in der Altmannsdorfer Allee und auf der Triester Straße wurden inzwischen entfernt. (Foto: Bildarchiv Votava)

Von Johann Stocklausner, Textauszug aus der Broschüre "Der Gelenktriebwagen der Badner Bahn" von Ing. Erich Duda, Verlag Josef Otto Slezak, ISBN 3-85416-146-8

Die am 22. März 1888 ins Leben gerufene Aktiengesellschaft der Wiener Lokalbahnen (WLB) hat ihren Ursprung in der Linie Wien - Wiener Neudorf der Neuen Wiener Tramwaygesellschaft, welche seinerzeit hauptsächlich für den Ziegeltransport nach Wien und nur in zweiter Linie für den Personenverkehr gebaut worden war. Mit dem Wachsen der Großstadt und ihrer südlichen Vororte stieg jedoch das Bedürfnis nach Personenverkehr rasch an, die Strecke wurde bis Guntramsdorf verlängert. Mit der Eröffnung des Verbindungsstücks Guntramsdorf - Leesdorf (für elektrischen Betrieb) am 11. Mai 1899 war der Anschluß an die Badner Tramway hergestellt.

Auf der ganzen Strecke zwischen Wien und Baden konnte erst am 1. Mai 1907 der elektrische Verkehr aufgenommen werden, wobei es dank einer sinnreichen Schaltung möglich war, auf den Wiener und Badner Stadtstrecken mit Gleichstrom (550 V), auf der Überlandstrecke aber mit Wechselstrom (750 V) zu fahren. Damit war die Badner Bahn die erste normalspurige Eisenbahn Österreichs für Wechselstrombetrieb.

Die Frequenz entwickelte sich günstig und erreichte 1914 bereits 3,5 Millionen Fahrgäste. Nach kriegsbedingten Höchstleistungen im Personenverkehr waren die ersten Nachkriegsjahre von mancherlei empfindlichen Rückschlägen gekennzeichnet und vielfach mußten sich die WLB mit Dampftraktion behelfen. Nichtsdestoweniger wurde von 1926 an ein umfangreiches Programm zur Modernisierung des Wagenparks realisiert und die damals beschafften Fahrzeuge stehen, nach zeitbedingten Minderungen, noch heute in Betrieb.
Der Zweite Weltkrieg brachte, vor allem durch die Ansiedlung von Rüstungsbetrieben entlang der Strecke, einen ungewöhnlichen Verkehrsaufschwung, der mangels Beschaffungsmöglichkeit für neue Wagen mit dem vorhandenen Fahrpark bewältigt werden mußte. Die Zerstörungen durch Kriegseinwirkungen waren beträchtlich und 1945 galt es, den Wiederaufbau voranzutreiben. In diese Zeit fällt die Umstellung der Wechselstromstrecke auf Gleichstrom, Strommangel machte wieder einen Ersatzverkehr mit Dampflokomotiven notwendig, doch vom 22. Dezember 1946 an gab es wieder durchgehenden elektrischen Betrieb von Wien bis Baden. Nicht nur die Modernisierung des Fahrparks, sondern auch die Umstellung des Güterverkehrs auf Dieseltraktion, die Ausgestaltung des Autobusbetriebs und die Aufnahme eines Reisebürodienstes kennzeichnen die Aktivitäten der Badner Bahn in den vergangenen zwei Jahrzehnten. Die Inbetriebnahme der Gelenktriebwagen der Reihe 100 wird eine neue Epoche in der Geschichte der WLB einleiten.