Der Obusbetrieb

Auf der Strecke der Obuslinie O1/O2 in der Kärntner Straße. (Foto: September 1950, Archiv H. Wöber)
Eröffnung der Obuslinie nach Dörfla. (Foto: 19. Jänner 1952, Archiv H. Wöber)

Die vor 1938 äußerst ungünstige Geschäftslage der GTG (die Beförderungsziffern sanken von 1929 bis Anfang 1938 um rund 51 %!) hatte eine derartige Vernachlässigung des Fahrparks zur Folge, daß die Straßenbahn den Mitte 1938 einsetzenden Verkehrsaufschwung in Graz nur schwer bewältigen konnte. Im übrigen erzwang die Schaffung von Groß-Graz mit den damit vollzogenen Eingemeindungen der Vororte neue Verkehrswege.

So entschloß sich denn die GVG, zu den südlich von Graz an der Packstraße gelegenen Siedlungen eine Omnibusinie zu eröffnen, die von der Elisabethinergasse zunächst bis zum Kapellenwirt führte und mit einem Wagen betrieben wurde. Bald aber mußten mehr Wagen eingesetzt werden, und 1939 erfolgte die Verlängerung bis Straßgang. Der Erhaltungszustand der im wahrsten Sinne "alten und klapprigen" Omnibusse und die später auftretende Treibstoffknappheit ließen die Errichtung einer Obuslinie ratsam erscheinen. Die Linie hatte starken Berufsverkehr mit geringer Verkehrsbelastung tagsüber, der nötige Strom konnte aus stadteigenen Wasserkraftwerken bezogen werden.

Die Umstellung des bestehenden Omnibusverkehrs auf Obusverkehr wurde jedoch durch den Kriegsbeginn verzögert. Erst am 1. Oktober 1941 erfolgte die Umstellung der Omnibuslinie B auf Obusbetrieb (Linienbezeichnung O1-O2). Die Strecke wurde um rund 500 m verlängert und war 6,1 km lang. Einerseits konnte beim bisherigen Linienendpunkt keine Wendeschleife angelegt werden, anderseits wurde die Erweiterung des Siedlungsgebietes berücksichtigt. In der Hälfte der Strecke, beim Kapellenwirt, wurde eine Zwischen-Umkehrschleife errichtet, um im dichter besiedelten Gebiet eine Verkehrsverdichtung zu ermöglichen.

Im ersten Drittel der Strecke wurden ein eigenes Unterwerk mit Quecksilberdampf-Gleichrichter und die Wagenhalle errichtet, in der Elisabethinergasse zum Zwecke des Stromaustausches bzw. der Anspeisung eine Schaltverbindung mit der Straßenbahnoberleitung und den Schienen geschaffen.

Der Mitte der 50er-Jahre zunehmende Straßenverkehr ließ in der Hauptverkehrszeit das Wenden der Obusse in der Endstelle Elisabethinergasse nur mehr unter großen Schwierigkeiten zu. So wurde denn nach Umstellung der Straßenbahnlinie 3 auf Autobusbetrieb die Fahrleitung der Obuslinie unter Mitbenützung der ehemaligen Straßenbahnquerdrähte in der Rösselmühlgasse um rund 400 m bis zum Griesplatz verlängert. Damit bestand nun auch eine bessere Umsteigemöglichkeit, da außer in die Autobuslinie B (Ersatz der Straßenbahnlinie 3) am Griesplatz vom Obus auch direkt in die Straßenbahnlinie 6 umgestiegen werden konnte.

Zum Betrieb der Obuslinie nach Straßgang wurden 1941 sechs zweiachsige Obusse der Bauart MAN-Schumann-BBC geliefert, 1943 kamen 6 und 1944 weitere 5 Anhänger dazu. Von den 1949 beschafften 6 Obussen der ebenfalls zweiachsigen Type EO von Gräf & Stift/BBC wurde 1951 einer neu nach Leoben verkauft; für den Betrieb der am 20. Jänner 1952 eröffneten Obuslinie nach Dörfla war mit 3 Wagen genügend Reserve vorhanden, die restlichen 2 Wagen ergänzten den Fahrpark für die Straßganger Linie.

Als Mitte der 60er-Jahre der Umbau der Kärntnerstraße aktuell wurde - die Obuslinie befuhr ab dem Eggenbergergürtel ausschließlich diese - stellten die GVB aus finanziellen Überlegungen am 27. August 1967 den Obusbetrieb ein. Der geplante Straßenumbau hätte die Entfernung der Masten während der Bauzeit und damit den Abbau der Oberleitung erfordert, und überdies war der Zustand des überalterten Fahrparks auch nicht mehr der beste.

Die unter der Bezeichnung "O1-O2" weiterhin betriebene Autobuslinie ist in den Folgejahren unter der Linienbezeichnung "O" an beiden Endpunkten verlängert worden und führt nunmehr vom Jakominiplatz nach Seiersberg als Linie 32 über die Stadtgrenze hinaus (8,1 km).

Der Bau das Werkes Thondorf der Steyr-Daimler-Puch AG führte am 1. April 1948 zur Eröffnung der Autobuslinie F von der Straßenbahn-Endstation Liebenau über Thondorf nach Dörfla (5,2 km). Der Ausbau dieses Werkes mit Personalvermehrung und die einsetzende allgemeine Bautätigkeit in diesem Gebiet brachten beträchtliche Frequenzsteigerungen. Da überdies im Werk Thondorf ein Unterwerk zur Stromversorgung errichtet werden konnte und in Liebenau die Anspeisungsmöglichkeit über die Straßenbahnfahrleitung und die Schienen gegeben war, entschlossen sich die GVB, die Autobuslinie auf Obusbetrieb umzustellen. Die dadurch frei werdenden Autobusse waren willkommene Reserve. Die Fahrleitung wurde von den GVB selbst gebaut und am 20. Jänner 1952 der Obusbetrieb nach Dörfla aufgenommen. (Linienbezeichnung nun O3-O4).

Der Betrieb dieser Obuslinie war jedoch von Anfang an problematisch, da zur Wagenhalle in Webling (Straßganger-Linie) keine Fahrleitungsverbindung bestand und zu Betriebsbeginn und -ende die Obusse durch die Stadt von bzw. zu der Wagenhalle geschleppt werden mußten. Anfänglich besorgte dies ein Schleppbus. Seit 1953 stand ein eigens hiefür gebautes Anhänge-Stromaggregat in Verwendung; über Kabel wurden die Stromabnehmer angeschlossen, so daß der Obus - wenn auch mit verminderter Geschwindigkeit - allein die Überstellungsfahrt durchführen konnte.

Der um 1960 einsetzende Individualverkehr mit PKWs hatte sinkende Frequenz auf dieser Linie zur Folge, so daß mit 13. Dezember 1964 der Obusverkehr - vorderhand nur vorläufig - eingestellt und wieder eine Autobuslinie in Betrieb genommen wurde. Die endgültige Einstellung des Obusverkehrs nach Dörfla und damit das Erlöschen der Konzession erfolgte Mitte 1966.

Dkfm. Herbert Wöber