Das Straßenbahnnetz wächst

Die GTG nahm 1899 ihre ersten elektrischen Straßenbahnlinien wie folgt in Betrieb:

Strecke

Eröffnung

Länge

Jakominiplatz - Staatsbahnhof

15. 6. 1899

1,6

Schillerplatz - Volksgartenstraße

15. 6. 1899

3,7

Volksgartenstraße - Lendplatz

24. 7. 1899


Ringlinie (Südbahnhof - Hauptplatz - Geidorfplatz - Südbahnhof)

24. 7. 1899

6,0

Rechbauerstraße - Hilmteich

24. 7. 1899

2,1

St. Leonhard Kaserne - Maut

31. 10. 1899

0,8

Gesamt-Betriebslänge Ende 1899


14,2

          
Weitere Neubaustrecken kamen wie folgt dazu:

Griesplatz - Zentralfriedhof - Puntigam

1. 11. 1900

4,2

Eggenbergergürtel - Eggenberg

28. 11. 1900

2,7

Lendplatz - Gösting

23. 5. 1901

4,1

Karl-Morre-Straße - Wetzelsdorf

29. 6. 1901

2,2

Hauptplatz - Andritz Maut

9. 12. 1901

2,9

Andritz Maut - Andritz Ort

9. 4. 1903

1,1

Dietrichsteinplatz - St. Peter

28. 6. 1906

2,8

Gesamt-Betriebslänge Ende 1906


34,2

Von 1909 bis 1912 ergaben sich verschiedene kleine Korrekturen im Betriebsnetz im Umfang von 0,7 km, so daß zu Beginn des Ersten Weltkrieges die GTG über ein ausgedehntes Streckennetz verfügte.

Dieses Netz erfuhr erst 1925 durch die Verlängerung vom Ostbahnhof (ehemals Staatsbahnhof) bis Liebenau (17. 10., 0,9 km) und die Gleisverbindung am Schönaugürtel (6. 12., 1,1 km) seine Erweiterung.

Die Eisenbahnstatistik weist für Ende 1927 nach Korrekturen von 0,6 km den Höchststand von 37,5 km Betriebslänge für die GTG aus.

Am 1. Jänner 1905 übernahm die GTG die Betriebsführung der 1897/1898 vom Stadtbaumeister Andrea Franz erbauten meterspurigen "Elektrischen Kleinbahn Graz - Mariatrost". Vom Beginn der Zinzendorfgasse führte die Bahn durch die Schubertstraße zum Hilmteich, wo die Straßenbahnlinie 1 der GTG endete und weiter auf eigenem Bahnkörper nach Mariatrost (Länge 5,15 km). Dennoch bestand zwischen der GTG und der "roten Tramway", wie die Mariatrosterbahn im Volksmund ihrer Farbe wegen hieß, keine Tarifgemeinschaft.

Im Mai 1939 erwarb dann die GTG alle Geschäftsanteile der Mariatrosterbahn und beschloß, die Teilstrecke Zinzendorfgasse - Hilmteich aufzulassen und die restliche Strecke nach Mariatrost auf Normalspur umzubauen und in ihr Netz einzugliedern.

Ab 16. Oktober 1939 wendeten die Züge der "roten Tramway" am Hilmteich, wo in die Linie 1 der GTG umgestiegen werden mußte. Gleichzeitig wurde auch ein preisgünstiger Kombinationstarif für beide Bahnen eingeführt.

Im Juni 1940 begann der etappenweise Umbau der Strecke nach Mariatrost; nach Fertigstellung der Umbauarbeiten fuhr dann am 18. November 1941 der erste Zug der Linie 1 der GTG vom Hauptbahnhof direkt nach Mariatrost.

Das Betriebsnetz der GTG war um 3,8 km länger geworden!

Beim Pferdebahnbetrieb waren Strecken- und Liniennetz weitgehend gleich, lediglich die Strecke Jakominiplatz - Rechbauerstraße wurde von zwei Linien befahren.

Beim elektrischen Betrieb ergaben sich - vorerst durch die Ringlinie und nach und nach durch zunehmend parallel befahrene Streckenteile - bald wesentliche Unterschiede zwischen Strecken- und Liniennetz.

Jahr

Strecken-km

Linien-km

Linien

1906   

34,2

37,4

10

1912   

34,9

45,1

8

1927   

37,5

53,2

8

1936   

37,5

50,9

7

1951   

41,4

54,6

7

1974   

28,9

43,9

6

1998   

29,7

49,0

6

Das Liniennetz ist wiederholt geändert worden. Aus den 10 Linien des Jahres 1906

I

Südbahnhof - Jakominiplatz - Hilmteich

II

Südbahnhof - Jakominiplatz - Geidorfplatz - Südbahnhof

III

Schillerplatz - Jakominiplatz - Griesplatz - Lendplatz

IV

Staatsbahnhof - Jakominiplatz - Hauptplatz - Andritz

V

St. Leonhard Kaserne - St. Leonhard Maut

VI

Griesplatz - Puntigam

VI

Eggenbergergürtel - Kurhaus Eggenberg

VIII

Lendplatz - Gösting

IX

Eggenbergergürtel - Wetzelsdorf

X

Jakominiplatz - St. Peter


wurden zunächst durch Zusammenlegungen:

1

Südbahnhof - Jakominiplatz - Hilmteich

2

Südbahnhof - Jakominiplatz - Geidorfplatz - Südbahnhof

3

Schillerplatz - Jakominiplatz - Lendplatz - Gösting

4

Staatsbahnhof - Jakominiplatz - Hauptplatz - Andritz

5

St. Leonhard Kaserne - St. Leonhard Maut

6

Schillerplatz - Jakominiplatz - Griesplatz - Puntigam

7

Eggenberg - Hauptplatz - Jakominiplatz - St. Peter

8

Eggenberger Gürtel - Wetzelsdorf

  
1927 hatten die 8 Linien zum Teil ganz andere Linienführung

1

Hauptbahnhof - Jakominiplatz - St. Leonhard

2

Hauptbahnhof - Jakominiplatz - Geidorfplatz -Hauptbahnhof

3

Krenngasse - Jakominiplatz - Lendplatz - Gösting

4

Zentralfriedhof - Jakominiplatz - Hauptplatz - Andritz

5

Eggenberg - Hauptplatz - Jakominiplatz - Liebenau

6

St. Peter - Jakominiplatz - Griesplatz - Puntigam

7

Wetzelsdorf - Jakominiplatz - Hilmteich

8

Krenngasse - Jakominiplatz - Sackstraße (Hauptplatz)


Die Linie 3 war 1916 bis zur Schleife Krenngasse vom Schillerplatz her verlängert worden, die Linie 4 1925 vom Ostbahnhof (früher Staatsbahnhof) nach Liebenau und der Südbahnhof hieß jetzt Hauptbahnhof!

1936 verkehrten die 8 Linien zum Teil wieder über andere Strecken:

1

Hauptbahnhof - Jakominiplatz - Krenngasse

2

Hauptbahnhof - Jakominiplatz - Geidorfplatz - Hauptbahnhof

3

Krenngasse - Jakominiplatz - Lendplatz - Gösting

4

Liebenau - Jakominiplatz - Hauptplatz - Andritz

5

Eggenberg - Hauptplatz - Jakominiplatz - Hilmteich

6

St. Peter - Jakominiplatz - Griesplatz - Puntigam

7

Wetzelsdorf - Jakominiplatz - St. Leonhard

8

Karlauer Gürtel - Jakominiplatz


1951 gab es die Linie 8, die stets Teile anderer Linien befuhr, nicht mehr, zwei Linien fuhren auf anderen Strecken (das Teilstück Hilmteich - Mariatrost der Linie 1 wurde 1941 ins Streckennetz übernommen)

1

Hauptbahnhof - Jakominiplatz - Hilmteich - Mariatrost

5

Eggenberg - Hauptplatz - Jakominiplatz - Zentralfriedhof


Nach zwei einschneidenden Linieneinstellungen (80% der Linie 3, der Teil Gösting - Jakominiplatz, wurde in drei Etappen zwischen 1955 und 1957 stillgelegt und auf Autobusbetrieb umgestellt, da aus finanziellen Überlegungen und der Mühlgangsanierung in der Elisabethinergasse neue Autobusse angeschafft wurden, statt Straßenbahngleise zu sanieren; die Linie 2 wurde in Etappen zwischen 1962 und 1971 ein Opfer des Straßenverkehrs (zuerst Bahnhofgürtel, dann Keplerbrücke und Glacisstraße), schließlich ebenfalls auf Autobusbetrieb im Streckenteil Jakominiplatz- Geidorfplatz- Lendplatz - Hauptbahnhof umgestellt und das restliche Linienstück Jakominiplatz- Hauptplatz- Hauptbahnhof durch die geänderte Linie 6 ersetzt) bestehen heute noch 6 Linien, die auf folgenden Strecken verkehren:

1

Eggenberg UKH - Hauptplatz - Jakominiplatz - Hilmteich - Mariatrost

3

Hauptbahnhof - Jakominiplatz - Krenngasse

4

Liebenau - Jakominiplatz - Hauptplatz - Andritz

5

Puntigam-Karlauer Gürtel - Jakominiplatz - Hauptplatz - Andritz

6

Schulzentrum St. Peter - Jakominiplatz - Hauptbahnhof

7

Wetzelsdorf - Jakominiplatz - St. Leonhard


Aus dieser kurzen Liniengeschichte ergibt sich, daß die Linien 2, 3 und mit Abstand die Linie 4 ihre Streckenführungen behaupten konnten, während die übrigen Linien mehr oder weniger großen Änderungen unterlagen. Das ausgesprochene Chamäleon war jedoch die Linie 5, die so ziemlich alle Kombinationen mitmachte!

Die Änderungen der Zwanziger- und Dreißiger-Jahre hatten schwerwiegende Hintergründe: Die Wirtschaftskrise dieser Epoche hatte große Frequenzrückgänge zur Folge, so daß man versuchte zu sparen, wo man nur konnte. Die Linienänderungen brachten in Verbindung mit erhöhter Reisegeschwindigkeit eine bessere Ausnützung des Wagenparkes, d. h. geringeren Wagenauslauf und damit Personaleinsparungen. Die schnellere Straßenbahn lockte aber dennoch keine neuen Fahrgäste an. Im Gegenteil der Radfahrverkehr nahm immer mehr zu. Eine 1935 von der GTG durchgeführte Zählung ergab, daß zu den Hauptverkehrszeiten auf 1000 Straßenbahnfahrgäste im Durchschnitt 1030 Radfahrer entfielen!

Ein sehr wesentlicher Umstand in der Linienentwicklung der Grazer Tramway darf aber nicht übersehen werden. Seit 1917 führen alle Straßenbahnlinien über den Jakominiplatz, so daß dort zentral umgestiegen werden kann! Während früher hier bei Störungen im Betriebsnetz mit den Zweirichtungswagen über die bestehenden Gleisverbindungen ohne Schwierigkeiten gewendet werden konnte, ist dies im Zeitalter der Einrichtungswagen schwieriger geworden.

Die 1996 in Betrieb genommenen neuen Gleisanlagen am Jakominiplatz haben endlich diese Schwierigkeiten zum Großteil behoben. Das "Nadelör" Herrengasse besteht aber noch immer.

Dkfm. Herbert Wöber