Die Pferdestraßenbahn

Sommerwagen Nr. 5 bei der Tramway-Haltestelle Taubenmarkt. (Foto: um 1895, Sammlung ESG)
Pferdebahn-Sommerwagen im Einsatz auf der Landstraße. (Foto: um 1890, Sammlung ESG)
Geschlossener Sommerwagen Nr. 27 am Hauptplatz in Linz. (Foto: April 1897, Sammlung ESG)
Der Streckenverlauf der Pferdestraßenbahn auf dem Stadtplan von Linz. (Bild aus dem Baedeker Österreich-Unganrn von 1892)

Bereits 1877 wurde in Linz erstmals über eine Straßenbahn gesprochen. Die Unternehmung Weissenburger & Co., Mannheim, fragte bezüglich der Einführung einer Tramway in Linz an und der Gemeinderat beschloß in seiner Sitzung vom 14. 11. 1877, daß dieser Firma Vorarbeiten dazu erlaubt würden.
Der Verkehr wurde zu dieser Zeit (1878) in Linz von 37 Fiakern (zweispännige Kutschen), 42 Einspännern, 11 Lohnkutschen und 6 Pferdeomnibussen bewältigt. Linz hatte damals rund 40.000 Einwohner.
Dem Linzer Gemeinderat wurden im Jahre 1878 diverse Offerte vorgelegt, es hatten jedoch nur jene von Bernhard Kollmann, dem Eigentümer der Grazer Tramway, und von Ing. Ludwig Philipp Schmidt, dem Generaldirektor der Pferdetramway in Triest, Aussicht, angenommen zu werden. Die Regierung gab Ing. Ludwig Philipp Schmidt (hinter dem die Triester Tramway, bzw. deren Mitkonzessionärin, die Brüsseler allgemeine Tramway-Gesellschaft, stand) den Vorzug. Schmidts Offert war am 24. 8. 1878 beim Linzer Gemeinderat eingelangt. Schmidt hatte um die Bewilligung zum Bau und Betrieb einer normalspurigen Straßenbahn 'amerikanischen Systems' mit Pferdebetrieb vom Westbahnhof (Hauptbahnhof) nach Urfahr angesucht und einen Vertragsentwurf vorgelegt. Der Gemeinderat entschied sich in seiner Sitzung vom 26. 2. 1879 zur Annahme des Projekts Schmidt, mit dem am 1. 3. 1879 ein Vertrag abgeschlossen wurde. Ein entsprechender Vertrag mit der Marktgemeinde Urfahr folgte am 23. 3. 1879. In den Verträgen auf 50 Jahre vom Tag der Betriebseröffnung an wurde die Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb einer normalspurigen zweigleisigen Pferdebahn von Urfahr bis zum Volksgarten in Linz mit einer nach Bedarf ein- oder zweigleisigen Fortsetzung zum Westbahnhof (Hauptbahnhof) erteilt.
Die Bevölkerung von Linz war über die Notwendigkeit einer Tramway geteilter Meinung; verschiedene Kreise hegten Zweifel bezüglich der Lebensfähigkeit der Straßenbahn wegen der geringen Entfernungen innerhalb der Stadt, zumal Fiaker und Einspänner ohnehin nicht viel zu tun hätten. Um die Tramway rentabel zu machen, müßten Zweiglinien gebaut werden. Manche befürchteten in den engen Gassen Störungen im Straßenverkehr.
Nachdem am 29. 5. 1879 die Begehungskommission vom Westbahnhof bis zur Donaubrücke und am folgenden Tag bis Urfahr zufriedenstellend verlaufen war, erhielt Schmidt mit Erlaß des Handelsministeriums vom 16. 8. 1879, Zl. 18.128, die erbetene Konzession zum Bau und Betrieb einer Pferdeeisenbahn in Linz und Urfahr, ausgehend vom Linzer Bahnhof der Kaiserin Elisabeth-Bahn (Hauptbahnhof), durch die Bahnhofstraße, Feldstraße (Volksgartenstraße-Rainerstraße), Landstraße mit einer eventuellen Variante von der Bahnhofstraße in die Landstraße, dann über Schmidtorgasse, Franz Josefs-Platz (Hauptplatz), Donaubrücke und Urfahrer Hauptstraße bis nach der Abzweigung der Rudolfstraße auf die Dauer von 50 Jahren.
Die Leitung des Bahnbaus wurde dem Zivilingenieur Alexander Werner aus Salzburg (später Teilhaber der Tramway-Unternehmung) übertragen. Bezüglich der Linienführung zum Bahnhof war man bereits im Mai 1879 von der Strecke durch die Feldstraße (Volksgartenstraße-Rainerstraße) abgekommen und hatte die Linie Bahnhofstraße-(Blumauer Platz-) Landstraße gewählt. Statt Normalspur entschied sich die Gesellschaft aus Kostengründen und wegen der Enge einiger Straßenteile für die Schmalspur von 900 mm und sah von der Frachtenbeförderung ab.
Die Unternehmung plante den Bau von Zweiglinien im Anschluß an die Straßenbahn. Das Handelsministerium erteilte mit Erlaß vom 12. 3. 1880, Zl. 37350, den beiden Ingenieuren L. Ph. Schmidt und Alexander Werner die erbetene Bewilligung zu technischen Vorarbeiten für eine schmalspurige Eisenbahn, eventuell mit Tramwaybetrieb, im Anschluß an die Linzer Pferdebahn nach Kleinmünchen, doch kam es damals nicht zur Verwirklichung. Ebensowenig wurde jene vorgeschlagene Nebenlinie der Tramway von der Brücke über die untere Donaulände bis zur Schwimmschule ausgeführt, die der Gemeinderat in der Sitzung vom 2. 6. 1880 als wünschenswert bezeichnet hatte.
Nach der behördlichen Begehung der Tramwaylinie am 27. 4. 1880 begann am 11. 5. 1880 die Gleislegung in der Landstraße bei der Johann Konrad Vogel-Straße nach beiden Richtungen, gegen die Donaubrücke und gegen den Volksgarten. Am 3. 6. 1880 war die Strecke bis zur Donau errichtet, am 8. und 9. 6. 1880 wurden die Schienen auf der Franz Josefs-Brücke gelegt, am 12. 6. 1880 begann die Gleislegung in Urfahr und schon am Nachmittag des 22. 6. 1880 war die Strecke bis zu ihrem Ende bei der Remise Urfahr ausgebaut. Noch an demselben Nachmittag begann die Schienenlegung in der Landstraße vom Herrenhaus bis zum Volksgarten und am 27. 6. 1880 war sie beendet. Der umsichtigen Leitung des Betriebsdirektors Werner und des Bauunternehmers Keller war es zu danken, daß in so kurzer Zeit die Strecke Urfahr- Volksgarten hergestellt werden konnte. Die technisch-polizeiliche Prüfung der fertiggestellten Linie fand am 28. 6. 1880 statt, die Besichtigung und die am nächsten Tag vorgenommene Probefahrt verliefen anstandslos.
Am 1. 7.1880 wurde der Betrieb auf der 2,098 km langen Pferdebahnstrecke Urfahrer Hauptstraße ab Rudolfsstraße-Donaubrücke-Hauptplatz-Schmidtorstraße-Taubenmarkt-Landstraße bis Stelzhamerstraße/Goethestraße aufgenommen.
Die Eröffnung der Linzer Tramway fand bei prachtvollem Wetter und unter außerordentlich freudiger Beteiligung der Bevölkerung von Linz und Urfahr statt. Auf dem Franz Josefs-Platz (Hauptplatz) wartete eine große Menschenmenge, und genau um 9 Uhr kamen die ersten Tramwaywagen, mit Fahnen in den Landesfarben und mit Kränzen geschmückt, von Urfahr und blieben vor dem Rathaus stehen. Unter den Klängen einer Militärkapelle bestiegen die Festgäste (Statthalter, Landeshauptmann, Bürgermeister Dr. Wiser die Pferdebahnwagen. Sie fuhren nach Urfahr (Besichtigung der Remise) und zum Volksgarten, dessen Portal und Salon mit Fahnen geschmückt war. Nach der Eröffnung für den allgemeinen Verkehr bediente sich das Publikum so zahlreich des neuen Verkehrsmittels, daß es trotz 7-Minuten-lntervalls am ersten Betriebstag den gewaltigen Andrang von 4000 Fahrgästen kaum bewältigen konnte.
Am 11. 7. 1880 wurde die 0,863 km lange Strecke auf der Landstraße ab Stelzhamerstraße/ Goethestraße-Blumauer Platz-Bahnhofstraße (Hauptbahnhof) vorläufig eingleisig in Betrieb genommen. Im August 1880 war auch in der restlichen Strecke das zweite Gleis verlegt. Die ganze Streckenlänge betrug nunmehr 2,961 km. In Urfahr lag das Gleisende der Tramway am ehemaligen Bahnhof der Linz-Budweiser Pferdeeisenbahn (an der Stelle des heutigen Bezirksgerichts in der Jahnstraße), dessen ausgedehnte Baulichkeiten, Stallungen und Werkstätten gepachtet und als Depot (Remise) verwendet wurden.
Für den Anfang waren von Johann Weitzer in Graz 14 Personenwagen geliefert und hiezu 24 Pferde angeschafft worden. Die Sommerwagen hatten je 20 Sitzplätze (5 Querbänke mit 4 Sitzen), die Winterwagen je 16 Sitzplätze (12 im Wageninneren, 2 auf der vorderen und 2 auf der hinteren Plattform).
Die Betriebslänge von Urfahr-Rudolfstraße (Gasthof 'Zur Stadt Budweis') bis zum Westbahnhof (Linz-Hauptbahnhof) betrug 2,600 km, die Fahrzeit 22 Minuten. Der Aufenthalt zum Umspannen des Pferdes war in Urfahr 4 Minuten, beim Bahnhof 8 Minuten. Laut Fahrplan wurde von 6.00 bis 6.56 und von 20.56 bis 21.38 Uhr alle 14 Minuten und von 7.03 bis 20.49 Uhr alle 7 Minuten (ab Bahnhof 6.30 bis 22.08 Uhr) gefahren, es standen 4 bzw. 8 Pferdebahnwagen in Betrieb. Die einspännigen Wagen verkehrten vom 1. 4. bis 31. 10. ab 6 Uhr, vom 1. 11. bis 31. 3. ab 7.30 bis 22 Uhr. Bald erwies sich jedoch ein früherer Verkehrsbeginn (5.30 Uhr) als notwendig und vom 1. 4. 1885 an bestand auch ein Nachtverkehr der Pferdetramway zu den personenführenden Zügen der Westbahn (Urfahr/Bahnhof 23.05, 23.35, 0.00, 00.35, 2.15, 2.48, 3.35, 4.42 Uhr).
Die Tramway wurde bald volkstümlich. Entgegen ersten Befürchtungen entwickelte sich der Verkehr sehr günstig. Die Zahl der beförderten Personen erhöhte sich von 1881 bis 1883 (356.658, 412.463, 453.965) bedeutend.
Beträchtliche Schwierigkeiten verursachte dem Unternehmen die Entrichtung der staatlichen, an Private verpachteten Brückenmaut, die von jedem über die Donaubrücke fahrenden Fuhrwerk 6 Kreuzer einhob. Ein bis Ende 1883 geltendes Übereinkommen mit dem Pächter Ludwig Weiß pauschalierte die Mautgebühr der Tramway mit 300 Gulden jährlich. Als anläßlich des Wechsels in der Verpachtung im Lauf des Jahres 1883 der neue Pächter von seiner Forderung von 6 Kreuzer für jeden Straßenbahnwagen nicht abging, suchte das Tramwayunternehmen bei der Statthalterei und der Gemeinde um Bewilligung an, den Verkehr über die Donaubrücke vom 1. 1. 1884 an einstellen zu dürfen, weil die 272 fahrplanmäßigen Fahrten pro Tag über die Brücke die Maut von 6.000 Gulden jährlich ausgemacht hätte. Diesen Betrag hielt das Tramwayunternehmen für untragbar. Nach längeren Verhandlungen gelang unter Mithilfe von Statthalterei und Finanzministerium eine Einigung mit dem neuen Pächter auf einen Pauschalbetrag von 600 Gulden jährlich. Bis 1884 führte das Unternehmen die Firmenbezeichnung Linzer Tramway Gesellschaft. Im Lauf des Jahres 1885 wurden neben Ing. Alexander Werner auch Ludwig Weiß und später Hermann Hofmann Teilhaber. Die Firma nannte sich nun Tramway Linz-Urfahr, L. Ph. Schmidt & Cie. Mit Kaufvertrag vom 20. 4. 1887 ging dann das Tramwayunternehmen ins Eigentum von Hermann Hofmann (Kaufmann in Linz) über. Den Verkauf genehmigte der Linzer Gemeinderat in der Sitzung vom 4. 5. 1887. Die Konzession übertrug das Handelsministerium mit Erlaß vom 15. 7. 1887, Zl. 19150, an Hofmanns neue Firma Tramway Linz-Urfahr, H. Hofmann. Im Besitz Hofmanns blieb die Tramway bis zum Verkauf an das neugegründete Elektrizitäts-Konsortium in Linz im Jahre 1896.
Nach Eröffnung der Mühlkreisbahn Urfahr-Aigen-Schlägl am 18. 10. 1888 war es naheliegend, die Tramway in Urfahr bis zum Mühlkreisbahnhof zu verlängern; es dauerte jedoch mehr als fünf Jahre, bis konkrete Maßnahmen hiezu eingeleitet wurden. Auf sein Ansuchen vom 19. 6. 1894 hatte Hofmann vom Handelsministerium mit Erlaß vom 23. 7. 1894, Zl. 35.158, die Bewilligung (Konzession) zum Bau und Betrieb der 392 m langen Tramway Fortsetzungslinie in Urfahr durch die Hauptstraße und die Kaarstraße bis zum Mühlkreisbahnhof erhalten. Die Kommissionsverhandlung fand am 18. 9. 1894 statt; die technisch-polizeiliche Prüfung am 11. 4. 1895 ergab keinen Anstand, worauf am Ostersonntag, 14. 4. 1895, die Verlängerungsstrecke Urfahrer Hauptstraße ab Rudolfstraße-Kaarstraße bis Mühlkreisbahnstraße in Betrieb genommen wurde. Die Bau-(Eigentums) länge betrug damit 3,023 km (davon 2,923 km zwei gleisig), die Betriebslänge 2,961 km. Vom Westbahnhof (Hauptbahnhof Linz) fuhr nun jeder zweite Wagen bis zum Mühlkreisbahnhof in Urfahr. Die zur Mühlkreisbahn fahrenden Wagen wurden durch weiße Scheiben, die nur bis Rudolfstraße fahrenden durch rote Scheiben an den Stirnseiten der Plattformen gekennzeichnet.
Von den Wagen der Tramway Linz-Urfahr ist kein Verzeichnis bekannt und in den vorhandenen Unterlagen sind keine Angaben über Bauarten und Nummern enthalten. Zur Betriebseröffnung sind 14 Wagen von Weitzer in Graz geliefert worden. Im Jahre 1882 dürften zwei Sommerwagen dazugekommen sein. Nach der Eisenbahnstatistik waren am Jahresende 1886 sechzehn, 1887 siebzehn, 1888 achtzehn, 1889 neunzehn und von 1891 bis 1896 zwanzig Wagen vorhanden. Deren Aussehen ist nur durch Fotos (Ansichtskarten) aus den letzten Betriebsjahren bekannt. In der Eisenbahnstatistik (1895 - 1897) werden für die 20 Pferdebahnwagen 334 Sitzplätze angegeben. Die im elektrischen Betrieb weiterverwendeten Sommerwagen hatten 20 Sitzplätze, die Winterwagen 14 Sitzplätze. Rechnerisch ermittelt dürfte der Pferdewagenbestand wie folgt gewesen sein:
9 Sommerwagen à 20 = 180 Sitzplätze
11 Winterwagen à 14 = 154 Sitzplätze
Bei den weitestgehend gleich aussehenden Sommerwagen hat es Unterschiede in der Dachform und bei den Plattformwänden gegeben. Die zur Betriebseröffnung gelieferten Wagen hatten gewölbtes Dach (1 bis 5), später angeschaffte Wagen Tonnendach (6 bis 9). Bei den für den elektrischen Betrieb übernommenen Winterwagen dürfte man die Nummern 21 bis 27 und 29 belassen haben. Bekannt ist ein Bild vom Pferdebahnwagen 29 und vom Beiwagen 29. Ob die elf Pferdebahnwinterwagen, von denen nur acht als Anhänger verwendet wurden, von gleicher Bauart waren, kann nicht festgestellt werden. Nachdem eine Zeichnung (Weitzer Graz 1879) eines Winterwagens mit zwei Fenstern je Wagenseite vorhanden ist, könnte es sein, daß es auch Wagen ab Nummer 11 gegeben hat. Daneben ließ Hofmann auch die "solide Reconstruction und Restauration" alter Wagen durchführen, war doch die halbe Million Fahrgäste von 1887 in den Jahren 1895 und 1896 bereits auf je über eine Million Fahrgäste angestiegen.
Am 1. 3. 1896 kaufte das Elektrizitäts-Konsortium, bestehend aus der k.k. priv. österreichischen Länderbank in Wien, der Union-Elektrizitätsgesellschaft in Berlin und der Bauunternehmung Ritschl & Comp. in Wien, die Tramway Linz-Urfahr und bestellte den früheren Besitzer Hermann Hofmann zum Betriebsleiter. Die Leistungen der Pferdetramway von Jänner bis Juli 1897 (212 Betriebstage) entsprechen dem gleichen Zeitraum der Vorjahre.

Jahr

Betriebslänge

Pferde

Wagen

Beförderte Personen

Wagen km

1887

2,620

30

17

523.143

231.003

1896

2,961

36

20

1,020.444

317.337

1897

2,961

36

20

574.277

172.578

Am 31. 7. 1897 hatte die Pferdetramway Linz-Urfahr 3,023 km Baulänge, davon 2,922 km zweigleisig,
2,961 km Betriebslänge
Größte Steigung 24 Promille
20 Wagen (9 Sommer- und 11 Winterwagen)
40 Bedienstete (1 Verwaltungs-, 23 Fahr-, 16 Stall- und Werkstättendienst).