Seit Anfang Februar 1994 verfügt die Zillertalbahn über eine neue Dampflok: Um die kostenaufwendige Doppelbespannungen der gut frequentierten Dampfzüge aufgeben zu können, suchte die ZB schon längere Zeit eine leistungsfähige Dampflok. So wurde man auf die im "Club 760" - Museum im steirischen Frojach hinterstellte JZ 83-076 aufmerksam. Die 1909 von Krauss/Linz (Fabr. Nr. 6035) gebaute Lok trug ursprünglich die Bezeichnung IVa5 No.1108 der Bosnisch-Herzegowinischen Landesbahn (BHLB). Bis 1974 stand die JZ 83-076 auf dem bosnischen Schmalspurnetz im Einsatz und wurde dann als Denkmal in Sarajewo aufgestellt. 1985 konnte die für die österr. Eisenbahngeschichte bedeutende Loktype angekauft und in die HW Knittelfeld zur äußerlichen Aufarbeitung überstellt werden. Erstmals an die Öffentlichkeit trat sie dann 1987 bei der Fahrzeugparade in Straßhof anläßlich des Jubiläums " 150 Jahre österr. Eisenbahnen".
In den Bestand der ZB wurde sie als Nr.4 eingereiht, führt aber zusätzlich die Eigentümerbezeichnung "Club 760" 83-076. Die neue Lok wird pachtweise die nächsten zehn Jahre bei der ZB bleiben. Die Schlepptenderlok hat eine LüP von 13415 mm und ein Dienstgewicht (ohne Tender) von 36 t. Bei einer Leistung von 255 kW (345 PS) verfügt sie über eine Höchstgeschwindigkeit von 40 km/h. Der Treibraddurchmesser des Vierkupplers beträgt 900 mm. Markanteste Änderung gegenüber dem Originalzustand nach der Hauptuntersuchung im RAW Meiningen ist das jetzt rückseitig geschlossene Führerhaus, da bei der ZB mangels Drehscheibe talauswärts mit verkehrter Lokstellung gefahren werden muß. In der Geschichte der ZB ist die 83-076 die zweite Schlepptenderlok und die Drittbesetzung der Nr. 4.
Die JZ-Reihe 83 war mit insgesamt 183 (!) Stück die bekannteste jugoslawische Schmalspurlok und ist doch eine altösterreichische Konstruktion. 1878 kamen auf Beschluß des Berliner Kongresses die vorher unter türkischer Herrschaft gestandenen Provinzen Bosnien und Herzegowina als Protektorate an Österreich-Ungarn. Zur Sicherung des militärischen Nachschubes wurde ein großes 760 mm Schmalspurnetz errichtet, das bis 1918 über 1000 km betrug. Zur Leistungssteigerung lieferte Krauss/Linz 1903-1908 29 Stück einer Naßdampf-Zweizylinder Verbundgüterzuglok (Achsfolge D1'n2v) mit zweiachsigem Schlepptender. Diese Maschinen bewährten sich sowohl im Güter- als auch Personenzugsdienst gut, sodaß eine Nachbestellung von 55 Stück erfolgte. Aufgrund der guten Erfahrungen mit der ersten Heißdampflok der Monarchie (spätere ÖBB 398) wurden diese als Heißdampf-Zwillings-Variante 1909-17 von Krauss/Linz und der Ungar. Staatsmaschinenfabrik/Budapest gebaut. Dieser Serie entstammt die 83-076. Wie gut sich diese Loktype in Bosnien bewährt hat, zeigt die Tatsache, daß nach der Gründung Jugoslawiens in mehreren Serien noch mehr als die doppelte Anzahl dieser Type beschafft wurde: 1923/24 entstanden 24 Stück bei der Lokomotivfabrik Jung und 1929 weitere 44 Loks bei MAVAG Budapest. Sogar noch nach dem Zweiten Weltkrieg baute 1948-49 die jugoslawische Firma Duro Dakovic insgesamt 31 Maschinen. Die Nachbauten weisen nur geringfügige Änderungen gegenüber den in der Monarchie gebauten Loks auf, die letzte Serie verfügt über einen rückseitig geschlossenen Führerstand. Bis zur Einstellung des bosnischen Schmalspurnetzes um 1980 kamen die Dampfloks der Reihe 83 planmäßig zum Einsatz.
Bericht und Recherche: Thomas Mösl, 6020 Innsbruck