Die Privatbahn


Die 93.1422 mit den Wagen in der neuen Farbgebung. (Foto: Karl Wildberger, 24. 8, 1989, Oberschützen)

Schon anläßlich der Streckenunterbrechung im Jahre 1982 wurden aufgrund der zögernden Haltung der ÖBB vehemente Proteste der Bevölkerung laut, die schließlich zur provisorischen Sanierung und zur Wiederaufnahme des Güterverkehrs führten. Umso unverständlicher erschien dann der Erlaß des Einstellungsbescheides per 1. 9. 1988, wies doch die Strecke ganz erhebliche Tonnagen im Güterverkehr auf, und zwar vor allem während der Erntezeit. Die Bauern waren dadurch total verunsichert, und bereits getätigte Investitionen schienen nun verlorener Aufwand gewesen zu sein. Die Aufregung war entsprechend groß, und es kam sogar zu größeren Demonstrationen mit Traktoren in Oberwart.

Nach der typischen Art österreichischer Salamitaktik" entschloß man sich dann, den Güterverkehr doch noch bis zum Jahresende weiterzuführen, um wenigstens die Ernte abbefördern zu können. Seitens der betroffenen Verlader, die in beispielhafter Weise umweltschonend zusätzlichen Lastautoverkehr strikt ablehnten, griff immer mehr der Gedanke Platz, die Bahn in Eigenregie zu betreiben, wenn der Staat schon in so kläglicher und blamabler Weise versagt hatte. Schließlich war es dann die Firma "Autoreisen Schuch Ges. m. b. H.".

Am 22. 9. 1989 wurde die nun als "Südburgenländische Regionalbahn" (srb) firmierende Anschlußbahn im Beisein lokaler und überregionaler Prominenz sowie unter reger Teilnahme der Bevölkerung offiziell eröffnet (siehe Bild 1). Nicht weniger als drei Sonderzüge mit allem vorhandenen Rollmaterial brachten das Publikum an diesem Festtag von Oberschützen nach Rechnitz, wobei in allen Stationen Ansprachen und Musik für volksfestartigen Charakter sorgten.

Der Güterverkehr ist mit 32000 Tonnen bereits 1989 voll angelaufen und erfuhr in den letzten beiden Jahren eine stetige Steigerung (1991: 33500 Tonnen). Befördert werden vor allem Zuckerrüben, Getreide und Mais, die in bestimmten Zeiträumen geballt anfallen und dann regelrechte Großeinsätze verlangen. In den übrigen Zeiten ist es im Güterverkehr eher ruhig.

Das zweite und wichtigere Standbein der Südburgenländischen Regionalbahn aber ist der Nostalgieverkehr. Der östlich von Großpetersdorf angelegte "Märchenwald" erfreut sich großer Beliebtheit. Der Zug fährt hier im Schrittempo, und die Fahrgäste können Tiere in Freigehegen sowie von der örtlichen Bevölkerung, besonders von Kindern, dargestellte Märchenszenen betrachten. Waren es im ersten Betriebsjahr immerhin schon 12000 Personen, die die Nostalgiezüge benützten, so stieg diese Zahl bis 1991 auf nicht weniger als 20000. Im Juli und im August wird sogar täglich gefahren.

Um die Bahnfahrten weiter attraktiver zu gestalten, wurden in den Bahnhöfen Großpetersdorf und Rechnitz Gaststätten und in Oberschützen eine kleine Ausschank eingerichtet. Im ehemaligen Aufnahmsgebäude von Schachendort besteht ein Dorfmuseum mit Fotoausstellung und im Güterschuppen von Rechnitz ein bäuerliches Heimatmuseum.

Wie sparsam bei der Südburgenländischen Regionalbahn gewirtschaftet wird, verdeutlicht am besten ein Blick auf die Personalsituation: Ganze drei Mann sind ausschließlich im Bahnbereich beschäftigt, und zwar der Betriebsleiter (gleichzeitig Triebfahrzeugführer), ein Dampflokheizer und ein Tierbetreuer für den Märchenwald. Weitere Bedienstete werden je nach Bedarf von der Firma Autoreisen Schuch Ges. m. b. H. leihweise eingesetzt. So kommt es dann durchaus vor, daß ein Autobuschauffeur (natürlich mit entsprechender Qualifikation) Dienst als Schaffner oder Verschieber versieht. Größere Wartungsarbeiten an den Fahrzeugen werden von der MAV-Werkstätte in Szombathely durchgeführt und umfangreichere Oberbauarbeiten an private Firmen vergeben.

Für die Zukunft strebt die Südburgenländische Regionalbahn die Wiedereröffnung des Grenzüberganges Rechnitz an. Dazu müßten auf österreichischem Staatsgebiet drei und in Ungarn rund dreizehn Kilometer Strecke neu gebaut werden. Die Ungarischen Staatsbahnen haben bereits großes Interesse bekundet.

einer Öffnung der Grenze ergäben sich ungeahnte Möglichkeiten für die srb: Die schon jetzt im Individualverkehr erstickende, von Ungarn gerne frequentierte Einkaufsstadt Oberwart könnte bequem mit Sonderzügen erreicht werden, der Märchenwald hätte ein weiteres unermeßliches Einzugsgebiet, und nicht zuletzt wäre eine direkte Zufahrt zur MAV-Werkstätte Szombathely gegeben. (Derzeit muß ein großer Umweg über Fehring in Kauf genommen werden.) Eine zunehmende Verkehrsverdichtung samt damit einhergehender Einnahmensteigerung ist ja für den langfristigen Weiterbestand dieser Lokalbahnen unbedingt erforderlich. Nicht zuletzt müßten auch Land und Bund die ungemein positiven Auswirkungen auf den Fremdenverkehr erkennen und die Südburgenländische Regionalbahn entsprechend fördern.