Aus der Chronik des Bahnhofs Gresten

Sonderfahrt für die Eisenbahner der "National Railway" aus den U.S.A. von St. Pölten nach Gresten mit Dampftriebfahrzeug 399.06 und 3 B4 und 1 BD, 115 Reisende. (Foto: 24. September 1987, Sammlung Bahnhof Wieselburg)
Eine der ersten Dampflokomotiven in Wieselburg. (Foto: um 1880, Sammlung Bahnhof Wieselburg)
Dampfsonderfahrten in Wieselburg anläßlich 120 Jahre Erlauftalbahn. (Fotos: Sammlung Bahnhof Wieselburg)

Eng verbunden mit der Geschichte des Bahnhofes Gresten scheinen auch Begebenheiten des Marktes Gresten zu sein.

Im Jahr 1882 kam ein schon lange vorher viel erörtertes Eisenbahnprojekt in ein für Gresten entscheidendes Stadium. Die Grestner wünschten sich eine Bahnlinie Kienberg - Ybbsitz - Waidhofen an der Ybbs. Die Ybbstaler eine solche Kienberg/Gaming - Lunz am See - Göstling - Großreifling (Hieflau).

Eine Denkschrift besprach das Für und das Wieder dieser Linien in national-ökonomischer und technischer Hinsicht und das hohe Haus der Abgeordneten des Reichsrates wurde mit einer gedruckten Petition der Ybbstalgemeinden bestürmt. Am Schluß derselben wird dargelegt, daß an der ca. 64 km langen Strecke der Ybbstalbahn rund 14.000 Einwohner hängen würden, jedoch an der 45 km langen Strecke Kienberg/Gaming - Gresten - Ybbsitz/Waidhofen nur zwei Ortschaften liegen (Gresten mit 980 und Ybbsitz mit 1000 Einwohnern), ihr Hinterland mit 6.500. Eine Linie nach Großreifling mit 60 km würde nur 6.000 Menschen an sich hängen haben.

Sowohl Gresten nach Gaming und Ybbsitz nach Waidhofen führen ausgezeichnete Straßen, besagt die Petition, es ist daher zweifellos für Gresten und Ybbsitz kein Bedürfnis einer Bahn. Beide Ortschaften sind sehr gewerbefleißig, ihre Eisenwerke größtenteils noch aktiv, die Gegend ist holzreich und der Bauernstand im Verhältnis zum Ybbstal wohlhabend. Ist die Bahn durch das Ybbstal die letzte mögliche Hilfe für die verarmten Bewohne desselben, so ist die Bahn über Gresten und Ybbsitz nur eine angenehme Unterstützung und Förderung der Interessen einer gutsituierten Bevölkerung.

So viel dann Gresten durch und die Ybbstalbahn wurde 1882 in Angriff genommen.

Im Jahr 1890 veröffentlichte Vinzenz Pötsch - Werksbesitzer in Randegg - eine Gedenkschrift über eine Eisenbahn durch das Tal der kleinen Erlaf, welche schmalspurig geplant von Wieselburg nach Gresten 10 Ortschaften verbindet und unsere schöne Gegend dem direkten Schienenverkehr erschließen wollte. Dieser Bahnbau kam zwar 37 Jahre lang nicht zur Ausführung, jedoch auch nicht zur Ruhe.

In Gresten waren es vornehmlich Johann Schönauer, der während seiner Bürgermeisterzeit unermüdlich dafür warb - unterstützt von einem Ausschuß, welchem Alois Maurer, Hermann Anderle und Roman Helmelschläger angehörten. Bis in das kleinste Detail kümmerte sich Schönauer – insbesondere bezüglich der Trasse der geplanten Bahn. Letztere wurde erst nach vielen Debatten genau festgelegt.

1903 wurde der Reichsratsabgeordnete Johann Oberndorfer wegen seiner damals leider vergeblich gebliebenen Bemühungen um den Bahnbau Gresten – Wieselburg und Landtagsabgeordneter Alfred Ritter von Lindheim wegen seiner Anstrengungen zur Erwirkung einer Eisenbahnverbindung für Gresten  zum Ehrenbürger von Gresten ernannt.

1913 wurde der heißersehnte Bahnbau Ruprechtshofen – Gresten in Angriff genommen.

1914 wurde das Bahnhofsgebäude in Gresten fertiggestellt nur wenig fehlte zur Vollendung der Bahn Wieselburg – Gresten, als die Arbeiten im August wegen des Ausbruches des Weltkrieges plötzlich eingestellt werden mußten.

Seit 1922 beschäftigte der Bau der Bahn der Strecke Wieselburg – Gresten zum wiederholten male den niederösterreichischen Landtag und den Gemeinderat Gresten. Dem tatkräftigen Einschreiten des Bürgermeisters Pregartbauer gelang es 1924, die finanziellen Bedenken der Landesregierung zu besiegen. Interessentenversammlungen drängten zum Ausbau der Strecke und zeichneten bedeutende Beträge für Aktien. Die Gemeinde Gresten übernahm schließlich eine Leistung von 16.000 S, zahlbar in den Jahren 1925, 26 und 27 von den Steuerbeträgen.

Im Frühjahr 1925 wurde mit der Wiederaufnahme des Bahnbaues begonnen.  Rasch schritten die Arbeiten vorwärts und bereits im Herbst 1926 der Beendigung entgegen.

Zuletzt wurde im Frühjahr 1927 in Gresten eine Bahnhofstraße angelegt, für welche die Gemeinde einen Kostenanteil von 3.337 S zu zahlen hatte. So war denn endlich der große Tag gekommen, welcher Gresten zur Eisenbahnstation machte.

Am 29. Juni 1927 um 13:30 Uhr traf der erste blumengeschmückte Eröffnungszug mit dem Bundespräsidenten Heinisch, dem Handelsminister und dem Landeshauptmann, Generaldirektor der ÖBB, sowie Zahlreichen Abgeordneten und Bürgermeistern auf dem festlich geschmückten kleinen Bahnhof in Gresten ein – hier erwartet und begrüßt von Bürgermeister Pregartbauer und den Vertretern der Gemeinde, von der Geistlichkeit, den Beamten und vielen anderen Personen. Ein Festessen im Gasthof Anderle, zu welchem Bundespräsident Heinisch Einladungen ausgeschickt hatte, beschloß den offiziellen Teil. Um 17:00 Uhr erfolgte die Rückfahrt der Festgäste. Am 30. Juni 1927 wurde der normale Verkehr aufgenommen, bei dem es anfangs an schüchternen Entgleisungen nicht fehlte.