Vollendung und Eröffnung

Bahnhofsgebäude von Nagymarton (Mattersburg), etwa um 1900. Interessant ist, daß das typische schräge Vordach - 1902 errichtet - noch nicht angebaut war. Das Bahnpersonal trägt die damals üblichen Uniformen der Südbahngesellschaft. Die Lokomotive weist den typischen Kegelschlot (im Volksmund "Stanitzelrauchfang") der Südbahnlokomotiven auf.
Eduard Tschurl, erster Sekretär der Eisenbahngesellschaft Wiener Neustadt - Ödenburg.

Die dritte Generalversammlung befaßte sich am 28. 2. 1847 mit den finanziellen Schwierigkeiten, die aus den unvorhergesehenen Mehrkosten entstanden und außerdem auch darauf zurückzuführen waren, daß viele der Zeichner von Aktien ihre Zahlungen verspätet oder überhaupt nicht geleistet hatten. Die unvorhergesehenen Kosten entstanden aus mehreren Gründen. Ursprünglich war bei Mattersburg eine aus Holz gezimmerte Brücke vorgesehen, welche aber als feuergefährlich erachtet wurde, weshalb man sich für den Massivviadukt entschied. Auch Korrekturen an der Streckenführung, der Mattersburger Erdrutsch, das ursprünglich nicht geplante Restaurationsgebäude in Ödenburg sowie höhere Preise für die Grundeinlösungen machten es schließlich notwendig, ein Darlehen aufzunehmen, um den Baufonds von 1,5 Millionen Gulden um weitere 750 Tausend Gulden aufzustocken. Die entstandenen Schulden wurden schließlich durch die Ausgabe neuer Aktien beglichen.

Die ganze Strecke wurde das erstemal am 2. August 1847 befahren, es war die Lokomotive "Weilberg" der Gloggnitzer Bahn, die den ersten Zug bis nach Ödenburg brachte. Am Tag des Heiligen Stephan, am 20. August, kam es dann zur feierlichen Eröffnung. In der Früh um '/26 Uhr fuhr der Eröffnungszug mit 9 Waggons geladenener Gäste aus Wien ab, um 7 Uhr dann in Wiener Neustadt. Auf der Burg Forchtenstein wurden 40 Salutschüsse zur Begrüßung abgefeuert, und auch in Ödenburg wurde der Train, wie man den Zug damals allgemein nannte, mit Ehrensalven erwartet. Eine Ehrenkompanie, die Bürgermiliz und zahlreiche Honorationen nahmen an der Eröffnungsfeier teil. Es folgte ein Bankett, und um die Mittagszeit fuhr der Zug nach Wien zurück. Am nächsten Tag verkehrten die Züge bereits nach Fahrplan.

Der rasch zunehmende Verkehr deutet auf einen wirtschaftlichen Aufschwung für Ödenburg und das durch die Eisenbahn erschlossene Gebiet. Aber schon im nächsten Frühjahr 1848 kam es in mehreren Ländern Europas zu Revolutionen. In Ungarn brach ein Freiheitskampf aus, den der Kaiser nach einem Jahr, 1849, mit Hilfe des russischen Zaren niederwerfen konnte. Obwohl das Gebiet Westungarns, welches die Ödenburger Eisenbahn durchquerte, von den kriegerischen Ereignissen weitgehend verschont blieb und die Bevölkerung sowie das hier stationierte Militär Reichs-kaisertreu blieben, kam es zu Spannungen zwischen den Reichshälften Osterreich und Ungarn. Nicht zuletzt war dies ein Grund dafür, daß die dringend notwendige Verbindung Wiens mit dem Adriahafen Triest mittels Eisenbahn nicht über das günstigere westungarische Gebiet gebaut wurde, sondern über den Semmering. 1857 war der durchgehende Verkehr von Wien über Gloggnitz, Semmering, Graz, Laibach und Karst nach Triest fertiggestellt. Die Abzweigung von Wiener Neustadt über Ödenburg wurde aber erst 1865 verlängert. Daher konnte sie die ihr ursprünglich zugedachte Bedeutung nie erreichen.