Vorgeschichte und Geschichte des Bahnbaues

Der umgebaute Klagenfurter Hauptbahnhof. Die Lokomotive ist allerdings eine 206er (Betriebsnummer 154) der Südbahn. Rechts der neue Inselperron. (Foto: 1908, Archiv Österr. Eisenbahnmuseum)
Zwei uralte Dreikuppler (vermutlich kkStB-Reihe 48 + 34) am Hollenburger Viadukt gegen das Ferlacher Horn. Aufnahmen aus späterer Zeit gibt es nicht, da das Viadukt heute von hohen Bäumen umgeben ist. (Foto: 1908, Archiv Österr. Eisenbahnmuseum)
57.214 mit dem bergfahrenden Sammelgüterzug am Feistritzviadukt. (Foto: 18. Juli 1956, Alfred Luft)
35.201 in Rosenbach. (Foto: 31. Juli 1961, Friedrich Haftel)
1955 - 1957 endete der Fahrdraht noch in Rosenbach. 52.6940 und 52.6134 warten vor Güterzügen auf die Ausfahrt in Richtung Jugoslawien. (Foto: 15. Juli 1956, Alfred Luft)

Zum Verständnis der heutigen Linienführung müssen wir zunächst kurz die Entstehungsgeschichte der Hauptbahnen im Raume Kärnten rekapitulieren: Die ersten Schienen legte die kk. priv. Südbahn mit ihrer Linie Marburg - Klagenfurt - Villach - Spittal - Lienz  -  Innichen  -  Franzensfeste, mittels derer sie ihre Hauptlinie Wien  -  Graz  -  Marburg  -  Cilli - Laibach  - Triest mit der gleichfalls ihr gehörenden Brennerbahn verband. Von Marburg aus wurde der Betrieb bis Klagenfurt 1863, bis Villach 1864 und schließlich 1871 bis Franzensfeste aufgenommen. Diese seinerzeit durchgehend betriebene Linie - es gab z. B. einen Schnellzug Wien - Meran über Marburg - liegt heute in drei verschiedenen Staaten und ist betriebsmäßig völlig zerrissen. Die zweite Kärnten durchquerende Fernverbindung stellte 1868/69 die ebenfalls private aber schon 1880 verstaatlichte Kronprinz Rudolfsbahn her. Ihre Hauptlinie führte von der Westbahnstation Amstetten ausgehend in höchst umwegreicher Linienfühung durchs Gesäuse nach Selzthal, über den Schoberpaß ins Murtal und den Neumarkter Sattel nach St. Veit an der Glan und entlang des Ossiachersees nach Villach und weiter nach Tarvis, wo sie sich in einem kurzen Flügel nach Pontafel zum Anschluß an die italienischen Bahnen und in einen längeren nach Laibach teilte. Die heute so wichtige Strecke St. Veit - Klagenfurt zweigte in Glandorf, dem heutigen Verschiebebahnhof von St. Veit, in stumpfem Winkel ab und war eine Nebenstrecke, auf der lediglich Personenzüge verkehrten! Daß es möglich war, die Landeshauptstadt vom durchgehenden Verkehr der Rudolfsbahn auszuschließen, war ein typischer Nachteil des Privatbahnsystems, in der jede Gesellschaft eifersüchtig über ihre Einflußsphäre wachte. Erst als 1912 die vom Neumarkter Sattel kommende Strecke verlegt und gleichzeitig der neue Hauptbahnhof errichtet wurde, war die direkte Fahrt auch in Richtung Klagenfurt möglich.

Im weiteren Ausbau des Kärntner Hauptbahnnetzes sollte dann ein mehr als dreißigjähriger Stillstand eintreten, bis dann am Anfang unseres Jahrhunderts die Monarchie zum letzten großen Eisenbahnbau schritt: Auf Grund des sogenannten Alpenbahngesetzes ging man 1901 an ein binnen weniger Jahre vollendetes Werk, das auch uns Heutigen noch Bewunderung abverlangt. Mit der Tauernbahn Schwarzach-St. Veit - Spittal - (Villach) und der Pyhrnbahn (Linz) - Klaus - Selzthal entstanden zwei neue Nord-Süd-Alpentransversalen. Sie fanden ihre Fortsetzung nach Süden in der Karawankenbahn von Klagenfurt bzw. Villach nach Rosenbach, von wo die Strecke vereint durch den Karawankentunnel nach Aßling (heute Jesenice) führt. Hier setzt sie sich in einem weiteren grandiosen Bahnbau, der Wocheinerbahn, nach Triest fort, womit gleichzeitig eine zweite Bahnverbindung zwischen Wien und Triest, dem Haupthafen der Monarchie, geschaffen worden war.

Hinsichtlich der Trassenführung zwischen Kärnten und Triest waren zwischen den Sechzigerjahren und der Jahrhundertwende in zeitweilig mit größter Erbitterung geführten Auseinandersetzungen eine Reihe von Varianten zur Diskussion gestanden. Konkret taucht der Gedanke erstmals in der Konzessionsurkunde der Rudolfsbahn (1866) auf, doch war es dieser nicht beschieden, das Projekt in die Tat umzusetzen. Daß der Bau einer dermaßen wichtigen Verbindung aber dann noch mehr als drei Jahrzehnte auf sich warten ließ, hatten weniger wirtschaftliche Schwierigkeiten als die Zwietracht verfeindeter Interessensgruppen auf dem Gewissen, denn mit fanatischem Eifer bekämpften einander die Vertreter der westlichen "Tauern-Predil"- und der östlichen "Loibl-Lacker"-Route. Erstere wurde neben Salzburg, Oberkärnten und Görz von der Triester Handelskammer verfochten, welche sich hiervon u.a. die Ausweitung des Einzugsgebietes ihres Hafens auf Süddeutschland versprach. Besonders nach der Eröffnung des Suezkanales (1869) hatte Triest als der dem Herzen Mitteleuropas nächstgelegene Mittelmeerhafen theoretisch einen gewaltigen Standortvorteil erhalten, den es aber mangels einer geeigneten Verbindung nicht ausnutzen konnte, sodaß im Gegenteil der relative Anteil Triests am europäischen Oberseehandel im ausgehenden 19. Jahrhundert beständig sank.

Für die östliche Trasse machte sich hingegen eine "innerösterreichische" Koalition aus Böhmen, Oberösterreich, Unterkärnten, Krain und dem Triester Gemeinderat stark. Diese Kreise forderten darüber hinaus eine weitere Abkürzung des Weges von Böhmen nach Triest, welcher Forderung später durch den Bau der Pyhrnbahn entsprochen wurde, wogegen die Abkürzungslinie durch die Rottenmanner Tauern (Rottenmann - St. Georgen ob Judenburg) leider unausgeführt blieb. Als Nachteil der östlichen Variante mußte gelten, daß für den Verkehr über eine zu errichtende Tauernbahn der Weg nach Triest nur unwesentlich verkürzt worden wäre. Weiters hätte der Abschnitt zwischen Bischoflack und Divaca ein betrieblich äußerst ungünstiges Sägeprofil erhalten und dabei kaum neue Gebiete dem Bahnverkehr erschlossen; seine Erbauung wäre vielmehr ein ausgesprochener Bosheitsakt- gegenüber der in nächster Nähe parallel verlaufenden Südbahn gewesen.

Nachdem die von den Technikern mit größtem Nachdruck verfochtene Idee eines Basistunnels durchs Mangartmassiv als verbesserte Variante des Predilprojekts aus strategischen Gründen (Nähe der italienischen Grenze) nicht weiter verfolgt werden durfte und auch die Loibl-Lacker Route wegen der erwähnten Nachteile keine brauchbare Alternative darstellen konnte, verfiel man knapp vor der Jahrhundertwende ungeachtet der zu erwartenden bautechnischen Schwierigkeiten auf die Wocheinerbahn als Kompromißlösung. Die östliche Lobby forderte hiezu als Ergänzung eine Bahn, die von Klagenfurt über Feistritz ins Bärental (Nicht zu verwechseln mit dem Bären g r a b e n bei Rosenbach !) führen und die Karawanken in einem 10 km langen Tunnel durchbrechen sollte. Diese "Bärentallinie" hätte aber wiederum für einen über Villach laufenden Tauernbahnverkehr keine Wegkürzung gebracht und ferner bestanden wegen der geologischen Verhältnisse im Tunnel arge Bedenken.

Nach so vielen Jahren des Zwistes wurde dann der kurz vor der Jahrhundertwende von der Regierung gemachte Vorschlag, die Karawanken beim Bärengraben südlich von Rosenbach zu untertunneln und durch die doppelte Anbindung von Villach und Klagenfurt den Forderungen beider gegnerischen Lager entgegenzukommen, mit allgemeiner Erleichterung, ja Begeisterung aufgenommen: "Das Kompromiß von Bärengraben" war gefunden, wie es der Abg. Dr. Sylvester, der Berichterstatter des Eisenbahnausschusses, treffend ausdrückte. Damit war der Weg zu dem so lange verzögerten Bau der Alpenbahnen geebnet und die parlamentarische Behandlung der Gesetzesvorlage ging 1901 ohne besondere Schwierigkeiten vonstatten. (Eine sehr ausführliche Darstellung dieser Vorgeschichte sowie auch des Bahnbaues ist in den beiden Ergänzungsbänden 1908 der "Geschichte der Eisenbahnen der Österr.- Ung. Monarchie" nachzulesen).

Nur ganz kurz nach der Allerhöchsten Sanktionierung des Gesetzes über den Bau der Alpenbahnen am 6. Juni 1901 wurde der Bau der Karawankenbahn am 21. Juli 1901 mit der Auffahrung des Richtstollens für den Scheiteltunnel begonnen. In Klagenfurt wurde in Erwartung des erhöhten Verkehrs 1904 mit dem Umbau des viel zu kleinen Südbahnhofes zum nunmehrigen Hauptbahnhof begonnen. 1907 wurden das neue Aufnahms- und Bahnpostgebäude dem Verkehr übergeben, 1908 der Inselbahnsteig. (Dieses zweite Bahnhofsgebäude fiel dann den Bomben des zweiten Weltkrieges zum Opfer, das heute bestehende, also schon das dritte, wurde 1947 - 1950 errichtet, der dritte Bahnsteig, von dem heute die Züge nach Rosenbach abfahren, stammt übrigens auch erst aus diesen Nachkriegsjahren.) Der Bahnbau durch das Rosental war natürlich damals d a s Ereignis, welches sich die Bevölkerung nicht entgehen ließ. Sonntag für Sonntag pilgerten die Klagenfurter zu den Baustellen, zu Fuß, mit Wagen, aber auch schon mit Automobilen, die damals gerade aufkamen. Der Bau der Viadukte, der Einschnitte und Dämme, der Gleisbau, all das erregte größtes Interesse; denn man war damals Bauvorhaben dieser Größenordnung nicht so gewohnt. Die Bauern der Umgebung faßten die Gelegenheit beim Schopf und fanden sich mit Most, Obst und Fleisch ebenfalls bei den Baustellen ein und machten den Berichten nach dabei die besten Geschäfte. Auch zahlreiche Amateurfotografen, die damals noch nicht so verbreitet waren wie heute, hielten die Ereignisse im Bilde fest. (Von 1907 bis 1953 scheint aber dann niemand mehr mit der Kamera bewaffnet die Rosentalbahn aufgesucht zu haben, zumindest blieb die Suche nach Bildern aus dieser Zeit bis heute erfolglos.) Beim Bau selbst waren zahlreiche Mazedonier tätig. Trotz enormer Schwierigkeiten mit Gebirgsdruck und Wassereinbrüchen im Haupttunnel gingen die Bauarbeiten zügig voran, am 17. Mai 1905 erfolgte der Stollendurchschlag im Karawankentunnel und am 30. Mai 1906 konnte die Teilstrecke von Klagenfurt bis Feistritz eröffnet werden. Die Gesamtstrecke bis Aßling, einschließlich des Flügels von Villach, wurde am 30. September 1906 feierlich eingeweiht.

Mit dem Bau der Nebenstrecke Weizelsdorf - Ferlach wurde im Juni 1906 begonnen. An dieser Strecke war vor allem die Voigt'sche Herrschaft interessiert, welche der Vorläufer der heutigen KESTAG war. Von den veranschlagten 300.000 Kronen wurde ein Drittel von Privaten aufgebracht, davon allerdings allein durch Alfred Voigt 75.000. Der Betrieb auf der Perlacher Strecke wurde am 5. Dezember 1906 aufgenommen.

Wie alle Linien des Alpenbahnprogramms wurde die Karawankenbahn im allgemeinen eingleisig angelegt, lediglich der Abschnitt Rosenbach - Aßling mit dem Karawankentunnel wurde doppelgleisig ausgeführt. Die Höchststeigung beträgt 26,8 ‰, der geringste Bogenhalbmesser 250 m. Bemerkenswert ist, daß in völligem Gegensatz zur heutigen Wirklichkeit die Rosentallinie als die Hauptstrecke bezeichnet wurde während die Strecke von Villach als Seitenflügel derselben galt.

Durch den Bau der wesentlich kürzeren Karawankenbahn verlor der Streckenabschnitt Tarvis - Aßling an Bedeutung, die noch weiter abnahm, als er nach dem 1. Weltkrieg teils auf jugoslawisches teils auf italienisches Gebiet zu liegen kam. Beide Streckenteile wurden nach dem 2. Weltkrieg aufgelassen.

Die weitere Geschichte der Karawankenbahn läßt sich am besten aus den Kursbüchern verschiedener Epochen ablesen, wobei das Gesagte in groben Zügen auch für den Güterverkehr gilt, über den Näheres nicht zu eruieren war.

Blättern wir also zunächst im Fahrplan von 1907, so finden wir ein Fahrplanbild "Glandorf - Klagenfurt - Aßling - Triest kkStB". (Die dann von 1908 - 1912 an Stelle von Glandorf zu findende Bezeichnung "St. Veit" ist ein wenig irreführend, denn es handelt sich dabei noch immer um den alten Abzweigebahnhof Glandorf, den man so umgetauft hatte). Damals verkehrten 2 Schnellzüge Wien - Triest, sowie 5 Personenzüge, die in der Mehrzahl von Glandorf bis Triest durchliefen. (Unter "Zügen" sind hier und im Folgenden stets Zugspaare zu verstehen). Die Tauernbahn war noch nicht in Betrieb, sodaß anfänglich zwischen Villach und Rosenbach nur Personenzüge verkehrten. 1908 ließ man dann auf diesem kurzen Stückchen, wohl weniger aus Notwendigkeit denn als Aufputz zwei Zubringerschnellzüge verkehren.

Im als nächstem wiedergegebenen Fahrplan von 1909 finden wir sogar drei Schnellzüge, wobei zwei davon auch eine direkte Verbindung Berlin - Triest vermittelten. Diese Route verlief unter Benützung der 1906 eröffneten Pyhrnbahn über Dresden - Prag - Budweis - Linz - Selzthal - St. Michael. Weiters verkehrten noch sechs Personenzüge. In diesen Jahren hatte die Fahrplandichte ihren nie mehr überbotenen Höhepunkt erreicht. Der gleichfalls wiedergegebene Fahrplan des Villacher Astes ist zugleich auch der erste der am 7. Juli 1909 eröffneten Tauernbahn. Zu erwähnen wäre hier, daß sämtliche Fernzüge in völligem Gegensatz zu heute in Aßling auf die Wocheinerbahn übergingen. Erst kurz vor dem 1. Weltkrieg tauchte dann zwischen Aßling und Laibach ein Saisonschnellzug bzw. -kurswagen auf, der dann allerdings ab Laibach nicht in Richtung Balkan, sondern nach Fiume (Rijeka) fuhr.

Das Kursbuch von 1913 - kurz zuvor war am 1. Oktober 1912 der neue Hauptbahnhof in St. Veit eröffnet worden - enthält gar das monströse Fahrplanbild (Wien West) - Amstetten - Selzthal - St. Veit - Klagenfurt - Aßling - Triest. Hier wäre nachzutragen, daß die Züge der Staatsbahn diesen umwegreichen dafür aber eigenen Weg von Wien nach Kärnten nahmen. Der Reisende konnte aber auch - zum Teil in durchlaufenden Zügen oder Wagen - die kürzere und schnellere Südbahnroute Wien - Bruck an der Mur - Leoben - St. Michael wählen. Mit der Umgestaltung der St. Veiter Bahnanlagen bestand nun die Möglichkeit, die Fernzüge ohne umständliches Stürzen statt über die Ossiacherseelinie über Klagenfurt nach Villach zu führen, doch wurde anfänglich von ihr nur bei einem einzigen Zugspaar Gebrauch gemacht, weil hiezu in jedem einzelnen Fall eine Übereinkunft mit der noch bis 1923 privaten Südbahn vonnöten war. (Erst seit 1920 fahren, von wenigen Ausnahmen abgesehen, die Fernzüge über Klagenfurt. Die Ossiacherseelinie war damit hinsichtlich des Personenverkehrs zur Lokalbahn degradiert, während sie im Gütertransit nach wie vor eine wichtige Rolle spielt.) Auf der Rosentallinie verkehrten 1913 neben weiterhin 6 Personenzügen jedoch nur mehr 2 Schnellzüge, während der Villacher Flügel bereits von 3, in der Saison gar schon von 4 Schnellzügen befahren wurde. Schon damals wurde also offenbar, daß mit der Tauernbahn ein ganz großer Wurf gelungen war.

Nach den Wirren des ersten Weltkrieges und der ersten Nachkriegsjahre, als jugoslawische Truppen in Südkärnten einfielen und der Personenverkehr zeitweilig ganz oder teilweise eingestellt war, finden wir im Fahrplan von 1922 wieder 2 Schnellzüge zwischen Wien und Triest, während zur gleichen Zeit über die Tauernbahn erst einer kam! Waren die von Wien kommenden Schnellzüge früher in Glandorf bzw. St. Veit in einem Aßling-Triester und einen Villach-Tarviser Teil getrennt worden, so erfolgte dieses Manöver nun, da wie weiter oben erwähnt der Fernverkehr nicht mehr über die Ossiacherseelinie lief, in Klagenfurt.

Als jedoch am 6. November 1922 in ganz Österreich der Bahnverkehr empfindlich eingeschränkt werden mußte, fielen auch die beiden Schnellzüge weg. Zwar erschien später, allerdings jeweils nur im Sommer, nochmals einer der beiden Schnellzüge, doch die Geschichte nahm unerbittlich ihren Lauf: die engen Beziehungen zwischen Wien als der Hauptstadt eines Großreiches und Triest als nahezu monopolisierter Hafenstadt darselber, bröckelten unaufhaltsam ab, das kleingewordene Österreich hatte keinen eigenen Hafen mehr und wickelte seinen Überseehandel dort ab, wo es die günstigsten Konditionen fand. Am 3. Oktober 1931 fuhr zum letzten Male ein fahrplanmäßiger Schnellzug durchs Rosental. Man kann ohneweiteres sagen, daß ein Stückchen der Tragödie Triests im 200 km weit entfernten Rosental stattfand.

Während mit dem Niedergang Triests die Achse Klagenfurt - Aßling - Wocheinerbahn an Bedeutung verlor, erstarkte zusehends die Verbindung Villach - Aßling - Laibach. Mit der Konsolidierung des neuen jugoslawischen Staates wurde die Bahnverbindung von Gevgelia über Skopje, Belgrad, Agram und Laibach nach Aßling zum Rückgrat seines Verkehrssystems, die zugleich den kürzesten Weg nach Mitteleuropa vermittelte und auch für Bulgarien, Griechenland und die Türkei wachsende Bedeutung als Transitweg erhielt. Diese Aufwärtsentwicklung machte namentlich nach dem zweiten Weltkrieg ungeahnte Fortschritte und wem nur der heutige Zustand geläufig ist, der wird staunen, daß hier der durchgehende Verkehr erst 1922 mit einem Kurswagen München - Salzburg - Agram - Belgrad aufgenommen wurde. Für das neuentstandene Jugoslawien war es übrigens ein Glücksfall, daß die "Bärengrabenroute" verwirklicht worden war, denn die so wichtige Transitrelation Laibach - Salzburg müßte, wäre die Loibl- bzw. Predillinie gebaut worden, den Umweg über Klagenfurt bzw. Tarvis machen.

Bis Triest durchlaufende Personenzüge gab es nach dem ersten Weltkrieg nicht mehr, umsomehr als nun auch im Wocheinertunnel eine Grenze, nämlich die zwischen Jugoslawien und Italien, lag. (Die Gebiete bis knapp vor Triest erhielt Jugoslawien erst nach dem zweiten Weltkrieg.) Bis 1932 fuhr ein Teil der Klagenfurter Personenzüge - es verkehrten insgesamt im Durchschnitt deren vier - bis Aßling durch, während sie seither von dem weiter unten erwähnten Intermezzo während des zweiten Weltkrieges abgesehen ausnahmslos in Rosenbach enden und nur mehr die Villacher Personenzüge zum Teil durch den Tunnel fahren. Von 1934 bis zum Kriegsbeginn 1939 gab es auch schon einen bescheidenen Einsatz von Triebwagen; in der Regel verkehrte damals eines der vier Zugspaare als Triebwagen.

Eine kurze Blüte erlebte die Rosentalstrecke dann noch einmal während des 2. Weltkrieges: Hitler und Mussolini hatten sich Slowenien geteilt, wobei aus dem hier wiedergegebenen, ab 1. November 1943 geltenden Fahrplan die seltsame Tatsache zu ersehen ist, wie sehr sich die beiden Spießgesellen voneinander absonderten: Die Reichsbahn hatte nämlich, nachdem die Hauptstadt Sloweniens zur "italienischen" Stadt Lubiana geworden war, zwischen St. Veit - Weichseldorf (Vizmarje) und Laas (Laze) eine Umgehungsstrecke auf "Reichsgebiet" errichtet, wobei mit Laibach im Personenverkehr keine Verbindung bestand! Klagenfurt war damals das Verwaltungszentrum für Oberkrain, was die aus dem Fahrplan ersichtliche Direktführung aller Personenzüge erklärt. Das Zugspaar 818/815 verkehrte sogar direkt zwischen Klagenfurt und Cilli! Interessant ist, daß es damals keine direkten Balkanzüge via Rosenbach gab. Auf dem Villacher Flügel verkehrten 3 Personenzüge, die teils zwischen Villach und Feistritz-Wocheinersee durchliefen, sowie ein Schnellzug zwischen München und Triest. Letztere Verbindung war eine seit der Eröffnung der Tauernbahn traditionelle Einrichtung, die bald danach für immer verschwand.

Gegen Kriegsende wurde das zweite Gleis des Karawankentunnels als bombensicherer Unterstellplatz für Lokomotiven zweckentfremdet und danach nicht mehr in Betrieb genommen. Auch bei der Elektrifizierung (1957) ließ man es dabei bewenden, mit dem steigenden Transitverkehr der beiden letzten Dezennien wuchsen indes die betrieblichen Schwierigkeiten auf diesem 13-km-Abschnitt ohne Ausweichmöglichkeit, sodaß man diesen Entschluß bald bereute. Nach langen Verhandlungen mit den Jugoslawischen Eisenbahnen wurde im November 1976 mit der Wiedererrichtung des zweiten Gleises begonnen. Es bestehen sogar Überlegungen, auch den Abschnitt Warmbad Villach - Rosenbach zweigleisig auszubauen.

Nach dem zweiten Weltkrieg wurde der direkte Personenverkehr nach Triest über die Wocheinerbahn nicht wieder aufgenommen, während sie sich im Güterverkehr eine gewisse Bedeutung, hauptsächlich als Entlastungsroute, bewahren konnte. Die Intensität des Transitverkehrs Salzburg - Villach - Laibach hingegen hatte bald die der besten Vorkriegsjahre überflügelt. Am 3. Mai 1955 wurde zwischen Villach und Rosenbach der elektrische Betrieb aufgenommen, am 6. Feber 1957 folgte Rosenbach - Aßling.

Die Rosentalstrecke dagegen war mit Kriegsende endgültig zur Lokalbahn degradiert. Lange Zeit verkehrten nur 3 Züge, erst 1958 stieg ihre Zahl wieder auf 4. 1951 verlor die Flügelbahn Weizelsdorf - Ferlach den Personenverkehr. Seit 1964 werden von den nunmehr 5 täglichen Personenzügen 4 als Triebwagen (Schienenbus Reihe 5081) geführt. Im Winterfahrplan 1967/68 wurde die Strecke an Sonn- und Feiertagen gänzlich gesperrt und der Verkehr ersatzweise mit Autobussen abgewickelt, und nachdem im Sommer 1968 noch einmal die Züge täglich gefahren wurden, ist die Sonn- und Feiertagssperre zur Dauereinrichtung geworden. Damals endete auch der reguläre Dampfbetrieb. Letztmalig eingesetzt war die 52.2436 vor dem werktäglichen Sammelgüterzug am 28. September 1968. Wie bei der Beschreibung der Strecke ausgeführt, drohte 1974 im Zusammenhang mit dem Draukraftwerksbau die Einstellung der Strecke ,die glücklicherweise abgewehrt werden konnte, eine Entscheidung, die auch über die lokalen Interessen hinaus zu begrüßen ist; denn wenn auch derzeit nichts auf die Beendigung des Dornröschenschlafes der Rosentallinie hindeutet, so stellt sie doch auf Grund ihrer geographischen Lage ein jederzeit reaktivierbares Bindeglied internationaler Verkehrsbeziehungen dar.