Aus der Geschichte

Der Bahnhof Sierning um 1920, davor steht die Lok 6 "Klaus" der Steyrthalbahn-Gesellschaft. Sierning war zwischen 1933 und 1967 der Endpunkt der Zweiglinie der Steyrtalbahn. (Foto: Sammlung August Zopf)
Gruppenbild mit der Lok 1 der Steyrthalbahn-Gesellschaft um 1930 im Lokalbahnhof von Steyr. (Foto: Sammlung August Zopf)

Erste Bahnprojekte

Bereits Mitte des vergangenen Jahrhunderts kamen erste konkrete Bahnbaupläne auf, die auf eine Verbesserung der Verkehrsverhältnisse zwischen den oberösterreichischen Wirtschaftszentren und dem Süden der Monarchie ausgerichtet waren.

Um 1850 wurde eine großartig projektierte Eisenbahnverbindung Oberösterreichs mit der Steiermark und Kärnten erörtert. Die Handelskammern von Oberösterreich der Steiermark, Kärnten, Triest, Gorz und Adria leiteten Vorarbeiten für eine Fernbahn ein, die von Haag (NÖ) über Leoben und Villach nach Udine führen sollte. 1865 wurde in Klagenfurt ein "Central-Comite" zur Durchführung dieses Bauvorhabens gegründet. Mit kaiserlicher Genehmigung durfte es den Namen "Kronprinz Rudolf-Bahn" (KRB) führen. Die 1866 ausgestellte Konzession verlieh dem Komitee das Recht zum Bau und Betrieb einer an die Kaiserin Elisabeth Bahn (KEB) anschließenden Eisenbahn von St. Valentin über Steyr, Hieflau, Rottenmann, St. Michael und St. Veit nach Villach mit mehreren Flügelbahnen. Noch im selben Jahr begann der Bau der Hauptbahn St. Valentin - Steyr und es konstituierte sich die "k.k. priv. Kronprinz Rudolf Bahn Gesellschaft". 1868 konnte man mit der Bahn bis Steyr, im Jahr darauf bis Küpfern (Weyer) reisen.

Die Sensengewerke des Kremstales hatten sich schon 1848 um eine Eisenbahn zu ihren Erzeugungsstätten bemüht, jedoch ohne Erfolg. In den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts kamen erneut Bahnbaupläne auf, die eine Verbindung zwischen der Landeshauptstadt und des an Natur- und Bodenschätzen reichen Kremstales vorsahen. Es folgte eine jahrelange Fehde zwischen Linz und der Stadt Wels. Wels lag mehr eine Fernbahn von Rottenmann über Wels nach Südböhmen am Herzen, doch Linz setzte sich schließlich durch. Die Bank für Oberösterreich und Salzburg erhielt die Konzession einer "Lokomotiveisenbahn von Linz nach Kremsmünster" und die 1880 gegründete "Kremsthalbahn Gesellschaft" schloß einen Bau- und Betriebsvertrag mit der Firma Krauss & Co. München ab. Bereits 1881 konnte die 35,5 km lange Strecke bis Kremsmünster eröffnet werden und 1883 war auch die 21 km lange Fortsetzung bis Micheldorf, wofür der Staat einen Großteil des Kapitals aufgebracht hatte, vollendet.

Die Weiterführung bis Klaus-Steyrling verzögerte sich noch. Als Pläne zum Bau einer Schmalspurbahn durch das Steyrtal aufkamen, geriet die Gesellschaft in Zugzwang. Die Verlängerung der Kremstalbahn wurde nun forciert und schon 1888 reichte das Gleis bis Klaus-Steyrling. Eine weitere Verlängerung südwärts war zunächst nicht finanzierbar. Ein staatliches Investitionsprogramm ermöglichte es schließlich, daß nach Fertigstellung der 42,9 km langen Pyhrnbahn Klaus -Selzthal (1905/06) die Kremstalbahn als Teil einer Alpentransversale internationale Bedeutung erhielt.

Der Kurort Bad Hall war schon früh durch seine überaus starken Jod-Solequellen berühmt. Im Jahre 1378 wurde hier die erste Badeanstalt gegründet. Nachdem sich das Land Oberösterreich als Besitzer der Heilquellen für einen Bahnanschluß eingesetzt hatte, erhielt 1886 die Kremsthalbahn Gesellschaft die Konzession zum Bau und Betrieb einer Flügelbahn von Unterrohr (heute: Rohr) nach Bad Hall. Ein Jahr später wurde die 4,3 km lange Linie eröffnet.

Das Steyrtal erhält eine Schmalspurbahn

Die Stadt Steyr nahm einst wegen ihrer Eisenindustrie auf dem Gebiet des heutigen Oberösterreich eine dominierende Stellung ein und war zu erheblichem Wohlstand gelangt. Die prächtigen Bauten im Stil der Spätgotik, Renaissance, des Barock und Rokoko sind Zeugen dieser frühen Industrialisierung. Aus der ehemaligen Österreichischen Waffenfabriks-Gesellschaft entwickelte sich später die Steyr Daimler Puch AG, die heute einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor für den Großraum Steyr darstellt.

Der Bau der Linie Linz - Micheldorf die dem Kremstal durch die bessere Beförderung der vielfältigen Wirtschaftsgüter große Vorteile brachte und das Einflußgebiet der Stadt Linz bedeutend erweiterte löste Ende des vergangenen Jahrhunderts auch im Steyrtal Bestrebungen aus, die auf eine Bahnverbindung der Stadt Steyr mit dem industrie- und holzreichen Kremstal zielten. Der Steyrer Landtagsabgeordnete Dr. Josef Hochhauser und der Bauingenieur von Wenusch, Mitkonzessionär der Kremstalbahn, nahmen sich diesem Plan an. Ein Aktionsausschuß war schnell gebildet und auch die nötigen Geldmittel standen bald zur Verfügung. Um den Bahnbau mit Rücksicht auf die Geländeschwierigkeiten möglichst billig zu halten, hatte man sich für eine Schmalspurbahn von 760mm Spurweite entschieden.

Am 18. 2. 1888 erhielt von Wenusch die Konzession zum "Bau und Betrieb einer schmalspurigen Lokalbahn von Steyr (Garsten) durch das Steyrtal nach Untergrünburg mit anfälliger Fortsetzung bis Klaus" auf Dauer von 90 Jahren. Sie verpflichtete den Konzessionär, den Bau sofort zu beginnen und binnen zwei Jahren abzuschließen. Die bald darauf gegründete "Steyrthalbahn-AG" (eingetragen am 19. 7. 1888) mit dem Verwaltungsrat in Steyr konnte ein Aktienkapital von zunächst 1.858.300 fl aufbringen, das später auf 1.923.000 fl erhöht wurde.

    Aktionäre waren:
    Österr. Waffenfabriks-Ges.    24,1 %
    Stadt Steyr    15,6 %
    Land Oberösterreich    5,5 %
    Sparkasse Steyr    3,8 %
    versch. Interessenten    51,0 %

Die Konzession war die erste, die in Österreich auf Grund des neuen, am 23. 6. 1887 in Kraft getretenen Lokalbahngesetzes erteilt wurde. Gleichfalls durfte hier erstmals von der Regelspurweite abgewichen werden. Die Steyrtalbahn wurde somit zur ersten öffentlichen Schmalspurbahn Österreichs.

Der noch im Herbst 1888 unter der Leitung des Ingenieurs von Wenusch begonnene Bau wurde in weniger als einem Jahr bis Grünburg vollendet. Die feierliche Eröffnungsfahrt konnte bereits am 20. 8. 1889 mit einem von der Lokomotive "Sierning" geführten Sonderzug vonstatten gehen, der die 19,5 km lange Strecke in 75 Minuten zurücklegte.

Schon 1 Jahr später, am 29. 11. 1890, war die 12,6 km lange Fortsetzung bis Agonitz fertiggestellt, womit die Steyrtalbahn eine Baulänge von 32,168 km (Betriebslänge 31,717 km) aufwies. Sie hatte fünf Zwischenstationen: Steyrdorf (später "Steyr-Lokalbahn"), Pergern, Grünburg, Leonstein und Molln, ferner 11 Haltestellen. Täglich bewältigten drei gemischte Zugpaare den sich gut entwickelnden Verkehr. 1896, als 5 Lokomotiven, 27 Personen- und 68 Güterwagen zur Verfügung standen wurden bereits 158.362 Personen und 54.435t Güter befördert.

Zur Verbindung der Stadt Steyr mit dem weltberühmten Kurort Bad Hall erhielt die Steyrthalbahn-Gesellschaft am 21. 9. 1890 die Konzession für die 15,6 km lange, ebenfalls in 760 mm Spurweite gehaltene Flügelbahn Pergern - Bad Hall, die im nachfolgenden Jahr gebaut und am 2. 12. 1891 mit drei Stationen (Sierninghofen, Sierning und Waldneukirchen Adlwang) sowie fünf Haltestellen eröffnet wurde.

Steyr drängte nun auf eine Erweiterung der Bahn bis Klaus, doch waren hierzu noch zahlreiche Schwierigkeiten -vor allem finanzieller Art - zu lösen. Erst nach dem Ausbau der Kremstalbahn (1905) wurde die 8,1 km lange Strecke Agonitz - Klaus in das Gesetz vom 18. 7. 1905, welches die Beteiligung des Staates an der Kapitalbeschaffung für mehrere Lokalbahnen vorsah, aufgenommen und eine Beitragsleistung von 780.000 K für das Anlagekapital bewilligt. Die Steyrthalbahn-AG erhöhte 1905/07 ihren Beitrag um 170.000 K auf 950.000 K und somit das gesamte Anlagekapital auf 4.796.000 K. Am 20. 12. 1905 erhielt sie die Konzession für die "schmalspurige, mit Dampf betriebene Lokalbahn Agonitz - Klaus". Im Jahre 1908 begann unter staatlicher Führung durch die k.k. Eisenbahnbauleitung Windischgarsten auf Kosten der Konzessionäre der Bau des letzten Teilstücks. Der durchgehende Verkehr Garsten - Klaus (39,8 km) wurde am 26. 11. 1909 eröffnet. Steyr hatte nun die lang ersehnte Verbindung mit dem Wirtschaftsbereich Kremstal erhalten.

Die Steyrtalbahn bewährt sich

Für den Betrieb der Steyrtalbahn war von der Gesellschaft eine Betriebsdirektion in Steyr errichtet worden. In den ersten Jahren hatte sich das Unternehmen recht günstig entwickelt. Es war eine (wenn auch nur geringe) Verzinsung der Aktien möglich (1891: 2%). Während des 1. Weltkriegs bestand vorübergehend ein Rollschemelbetrieb für die Österreichische Waffenfabriks-Gesellschaft, der sich jedoch wegen des zu engen Lichtraumprofils als zu riskant herausstellte, nach dem Krieg eingestellt und später nie wieder aufgenommen wurde.

Die ersten Nachkriegsjahre brachten der Steyrtalbahn durch den Kohlemangel, den teils desolaten Fahrzeugpark, die allgemein schlechte Wirtschaftslage und die ständig steigende Konkurrenz des motorisierten Straßenverkehrs arge Schwierigkeiten. Auch wirkte sich die geringe Leistungsfähigkeit als Schmalspurbahn ungünstig aus. Die Unmöglichkeit, den Betrieb zu modernisieren und zu verbessern hatte ein ständiges Absinken des Beförderungsauflkommens zur Folge. Die Österreichischen Bundesbahnen verhinderten die drohende Verkehrseinstellung, indem sie am 28. 2. 1931 die Betriebsführung zur Selbstkostenerstattung durch die Steyrthalbahn-AG übernahmen.

Bemerkenswert ist, daß damals erwogen wurde, die elektrische Bahn Ebelsberg - St. Florian bis Sierning zu verlängern, die Steyrtalbahn zu elektrifizieren und die Steyrthalbahn-AG mit der Betriebsunternehmung Stern & Hafferl zu fusionieren.

Als der Wettbewerb zwischen Eisenbahn und Kraftwagenverkehr immer stärker wurde, kam am 1. 7. 1933 die Lastkraftwagen-Verkehrsverordnung heraus, die den LKW-Verkehr durch Einschränkung des Werksverkehrs und Einführung von Mindesttarifen drosselte, um dadurch den der Eisenbahn zustehenden Verkehr zu schützen. Fortan entwickelte sich eine bemerkenswert gute Zusammenarbeit zwischen dem Schienen- und dem Straßenverkehr. Am 31. 7. 1937 trat die Verordnung außer Kraft.

Im Zuge verschiedener Sparmaßnahmen wurde die Teilstrecke Sierning - Bad Hall (l0 km) zum 31. 7. 1933 stillgelegt und im Herbst 1942 abgetragen. Die Gleise fanden beim Bau einer Feldbahn bei Kiew eine neue Verwendung.

Ende 1938 wurde die Betriebsleitung Steyr der BBÖ aufgelöst. Die Führung der Geschäfte übernahm 1939 die Reichsbahndirektion Linz, mit Wirksamkeit vom 1. 1. 1940 wurde die Steyrtalbahn konzessionsmäßig eingelöst und die Aktiengesellschaft liquidiert.

Während der beiden Weltkriege war die Bahn als einzige Zufahrtslinie zu den bäuerlichen Gegenden für die Versorgung von Steyr von großer Wichtigkeit und hatte - besonders im 2. Weltkrieg, in dem sie keine Schäden erlitt - eine Verdoppelung des Verkehrsaufkommens zu verzeichnen. Auch in den Folgejahren hielt dieser Aufschwung an, insbesondere im Güterverkehr, der mit Rücksicht auf die überall zu den Betrieben führenden Gleisanschlüsse die wichtigste Aufgabe der Steyrtalbahn darstellte.

Ab 1953 fuhren die Züge unter ÖBB-Zeichen durch das Steyrtal. Am 1. 1. 1967 folgte auch die Stillegung des Abschnitts Pergern - Sierning und am 26. 5. 1968 endete der planmäßige Personenverkehr zwischen Molln und Klaus.

Seit jeher waren die schlechten Anschlüsse zu den Zügen der Hauptbahnen (Pyhrnbahn und Ennstallinie) ein Problem. Stundenlange Wartezeiten in Steyr, Garsten und Klaus waren für die Fahrgäste an der Tagesordnung. Viele Fernzüge durchfuhren Garsten und Klaus ohne Halt und entsprechende Verbesserungsvorschläge der Steyrthalbahn-Gesellschaft wurden von der Bundesbahndirektion stets abgelehnt. Auch nach der Verstaatlichung der Bahn änderte sich an diesen Verhältnissen nichts.

Einstellungsdaten:
    1. 8. 1933:    Sierning-Bad Hall
    1. 1. 1967:    Pergern-Sierning
    26. 5. 1968:    Molln-Klaus (Reiseverkehr)
    30. 3. 1980:    Gesamtgüterverkehr sowie der Abschnitt Grünburg-Molln
    28. 2. 1982:    Letzter Betriebstag
    1. 12. 1982:    Offizielle Stillegung