Das Ende

Mit einem Güterzug verläßt die 298.104 Aschach. (Foto: 1. August 1972, Ernst Kabelka)
Die 699.103 fährt bei Sarning an einem typisch oberösterreichischen Bauernhof vorbei. (Foto: 9. Juli 1975, August Zopf)

Die Einstellung der Linie Garsten - Klaus war die logische Konsequenz fohlender Anpassungen an neue Verkehrstechniken. Die Bahn schien im Dornröschenschlaf versunken und die Gesamteinstellung war bald nur noch eine Frage der Zeit, während verschiedene Privatbahnen längst bewiesen hatten, daß mit entsprechenden Investitionen ein Nebenbahnbetrieb durchaus zukunftsträchtig geführt werden kann.

So wurde im Steyrtal versäumt, den Zugförderungsdienst zu verdieseln. Bereits in den 30er Jahren stellten die Bundesbahnen erste Dieselloks auf ihren Schmalspurlinien in Dienst, jedoch nicht im Steyrtal. Als die Simmering-Graz-Pauker AG in den Jahren 1958-61 die 600 PS starken Drehgestell-Dieselloks der Reihe 2095 aus lieferte, starb auf vielen ÖBB-Schmalspurlinien der Dampfbetrieb, doch konnte gleichzeitig der Betrieb entscheidend rationalisiert und die Existenz mancher Strecke gerettet werden. Für die Steyrtalbahn lag die Achslast der Reihe 2095 jedoch um 1 Tonne zu hoch.

Ein weiteres entscheidendes Manko war die Güterumladung in Klaus und in beschränktem Umfang auch in Garsten, wobei durch die teils manuell, teils per Bockkran ausgeführte Umladung viel Zeit verloren ging und sich viele Bahnkunden entschlossen, ihre Güter per LKW direkt zur Hauptbahn zu bringen. Viele Schmalspurbahnen verzeichneten durch die Einführung eines Rollwagenverkehre einen erheblichen Frachtzuwachs. Was im Steyrtal aus solchen Projekten wurde, haben wir bereits beschrieben.

Zudem waren der Steyrtalbahn durch den veralteten und simplen Güterwagenpark Einschränkungen in der Vielfalt der beförderten Güter auferlegt. Auch hier mußten wieder Privatbahnen (Murtalbahn, Zillertalbahn) mit gutem Beispiel vorangehen und mit modernen und verschiedenartigen Spezialwagen dem Bahnkunden ein attraktives Angebot geben.

Ein bezeichnendes Kapitel waren die Schotterlieferungen des Mollner Schotterwerks Bernegger zur VOEST und Chemie Linz AG, die bis Mitte der 60er Jahre über die Schiene liefen. Um sich die Anschaffung von Spezialwagen, die zur Aufrechterhaltung des Verkehrs notwendig gewesen waren, zu ersparen, engagierten die ÖBB das Werk Bernegger als Spediteur, der fortan per eigenem LKW den Schotter nach Klaus brachte. Diese Schottertransporte hatten ein Volumen von ca. 100.000 Tonnen jährlich.

Aber auch andere im Steyrtal ansässige Firmen bekundeten, daß sie an einem Schienentransport ihrer Güter zwar sehr interessiert seien, sich jedoch wegen des großen Mehraufwandes um andere Transportmöglichkeiten kümmern mußten. Somit sank das Güteraufkommen der Steyrtalbahn von Jahr zu Jahr und erreichte schließlich 1979 ca. 15.000 Tonnen. Die größten Kunden waren zum Schluß die Sägewerke in Sommerhubermühle und Waldneukirchen sowie die Papierfabrik Haunoldmühle.

Ebenso ließen im Personenverkehr Verbesserungen auf sich warten. Die langen Wartezeiten beim Umsteigen in Steyr (zum Anschluß nach Garsten), Garsten und Klaus wurden nie beseitigt. Auch die parallel (statt ergänzend) geführten ÖBB-Buslinien brachten dem Schienenverkehr große Einbußen. Die Busfahrkarten wurden zwar auch im Zug anerkannt, nicht aber die Bahnfahrkarten im Bus. Hatte also ein Pendler auch nur einmal pro Woche mit dem Bus eine günstigere Verbindung, so kaufte er sich sinnvollerweise die Wochen oder Monatsfahrkarte für den Bus und nicht für den Zug. Somit blieben bald die Schüler und Berufstätigen der Bahn fern.

Der Stein des Anstoßes

Will eine Bahn eine ihr unbequeme Strecke loswerden, so muß sie beim Verkehrsministerium einen Stillegungsantrag stellen. Dieser wird in der Regel nur genehmigt, wenn die Strecke nachgewiesenermaßen wirtschaftlich nicht tragbar ist. Hierzu bedarf es einer Untersuchung der Frequentierung und des Kostenaufwandes der betroffenen Strecke. Das kostet viel Zeit und Diskussionen und führt nicht immer zum (von der Bahn) erhofften Ziel. Doch schon in vielen Fällen standen den ÖBB das Glück und die Macht der Natur zur Seite. Man denke nur an die Gurktalbahn, die Vellachtalbahn oder an die Bregenzerwaldbahn, welche nach Unwetterschäden eingestellt wurden.

Ähnliches Wohlwollen der Natur wiederfuhr maßgeblichen Stellen im Falle der Steyrtalbahn, als am 4. 3. 1980 bei Haunoldmühle ein Berghang aus Konglomerat auf die Gleise niederging. Konglomerat ist ein verfestigtes Trümmergestein aus sedimentären Kiesablagerungen, häufig mit Ton als Bindemittel. Dieser verliert bei zunehmender Durchfeuchtung mehr und mehr seine Festigkeit. Allzu groß ist der Aufwand zur Rutschsicherung solcher Hänge nicht. Mit Injektionen oder Aufbringen von Spritzbeton sind sie leicht in den Griff zu bekommen. Für die örtlichen Dienststellen im Steyrtal war der Hangrutsch kein großes Problem. Schnell war die Stelle geräumt und der Betrieb ging wie gewohnt weiter.

Doch dann erfuhr die Generaldirektion die ja hierauf nur wartete, von dem Vorfall. Hohe Beamte besichtigten die Stelle (an Hauptstrecken überläßt man dies dem örtlichen Bahnmeister) und erklärten den Abschnitt Grünburg - Klaus für gesperrt. Es war ein Grund gefunden worden, den gesamten Güterverkehr sowie den Personenverkehr Grünburg - Molln einzustellen. Somit wurde auch der Personenverkehr nach Grünburg zwangsläufig weniger frequentiert.

Als Grund wurde angegeben, daß die Sicherheit des Straßenverkehrs (die Bundesstraße liegt oberhalb des Hanges) nicht mehr gegeben erschien. Wäre dies nicht Sorge der Straßenmeisterei, Maßnahmen zur Beseitigung der Gefahr erfolgten nicht.

Als dann Anfang 1982 an einem ähnlichen Hang bei Neuzeug einige herabgefallene Steine den Verdacht aufkommen ließen, der Hang könnte irgendwann ebenfalls abrutschen, war es um die Steyrtalbahn geschehen. Am 12. 2. 1982 erging der Beschluß, die Strecke zum 1. 3. 1982 "vorläufig'' (wie es hieß) einzustellen.

Seit Mitte der 70er Jahre nahm die Zahl der Gruppen, die sich für die Steyrtalbahn einsetzten, ständig zu. So zeigte 1977 eine von der ÖGEG aufgezogene Unterschriftenaktion "Rettet die Steyrtalbahn", die 30.000 Unterschriften ergab, daß die ÖBB bei der Realisierung ihres Stillegungsvorhabens auf Gegenwehr stoßen würden.

Wichtige Initiativgruppen bildeten die Bürger des Steyrtals, die nicht nur durch das Nachlassen des Fremdenverkehrs Einnahmeverluste hinnehmen mußten und in der Landesregierung Unterstützung fanden. Ebenso setzte sich die Handelskammer Oberösterreichs im Namen der Industrie des Steyrtals bei der ÖBB-Generaldirektion für die Bahn ein und arbeitete detaillierte Rationalisierungspläne aus.

Im Februar 1982 kam es in Molln zur Gründung des Vereins "Pro Steyrtalbahn", der die Aktivitäten zur Rettung der Steyrtalbahn verstärkt vorantrieb.