Nebenbahn Universal-Tenderlokomotive
Allgemeine Angaben
Baujahr: | 1927 bis 1931 |
Achsanordnung: | 1'D1'-h2 |
Zylinder-Ø: | 450 mm |
Kolbenhub: | 570 mm |
Länge über Puffer: | 11960 mm |
Gesamtachsabstand: | 8430 mm |
Treibrad-Ø: | 1140 mm |
Laufrad-Ø: | 870 mm |
Dienstgewicht: | 66,5 t |
Reibungslast: | 44,3 Mp |
Kesselüberdruck: | 14 kp/cm² |
Verdampfungsheizfläche: | 111 m² |
Überhitzerheizfläche: | 24 m² |
Rostfläche: | 2,0 m² |
Wasservorrat: | 10,0 m³ |
Kohlvorrat: | 3,0 t |
Leistung: | 850 PSi |
Höchstgeschwindigkeit: | 60 km/h |
Lieferer: | 93.1306 bis 93.1467 = 40 Stk. Wiener Lokomotivenfabrik AG, Werk Wien Floridsdorf: 93.1306, 93.1309, 93.1310, 93.1322, 93.1326, 93.1329, 93.1331, 93.1332, 93.1335, 93.1343, 93.1418, 93.1421, 93.1422, 93.1426, 93.1429, 93.1430, 93.1455, 93.1464, 93.1465, 93.1467 = 20 Stk. Maschinenfabrik der Staatseisenbahngesellschaft, Wien: 93.1356, 93.1360, 93.1361, 93.1364, 93.1367, 93.1368, 93.1369, 93.1370, 93.1373, 93.1377, 93.1378, 93.1379, 93.1390, 93.1394, 93.1403, 93.1409, 93.1414 = 17 Stk. AG der Lokomotivfabrik, vormals G Sigl, Wiener Neustadt: 93.1432, 93.1434 = 2 Stk. Lokomotivfabrik Krauss & Co, Werk Linz: 93.1446 = 1 Stk. |
Die Nebenbahn-Tenderlokomotiven der Reihe 93
In den ersten Jahren ihres Bestehens standen den BBÖ für leichte Nebenbahnen mit höchstens 11t Achsdruck nur kleine Tenderlokomotiven zur Verfügung, vor allem die Reihe 97 (ÖBB-89). Daneben gab es noch die Reihen 99 und 199 (ÖBB-91) und für den Güterverkehr sowie für gemischte Züge die 178 (ÖBB-92). Allerdings waren die Zugkräfte dieser Lokomotiven beschränkt, so daß der Bedarf an einer universell einsetzbaren Tenderlokomotive für Nebenbahnen immer dringlicher wurde.
Noch wesentlich unbefriedigender war die Situation im schweren Verschub. Hier wurden - wie auch bei anderen Bahnverwaltungen üblich - ältere Schlepptenderlokomotiven verwendet, die im Streckendienst nicht mehr benötigt wurden. Dieser Einsatz war jedoch unwirtschaftlich und so entstand der Wunsch nach einer zeitgemäßen starken Verschublok.
1924 war Alexander Lehner zum Nachfolger von Johann Rihosek als Vorstand der Konstruktionsabteilung der BBÖ berufen worden. Die eingangs geschilderten Überlegungen veranlaßten ihn, einen gemeinsamen Entwurf für die beiden gewünschten Loktypen vorzulegen. Kessel und Triebwerk der beiden Loks sollten identisch sein und auch sonst wurde eine weitgehende Vereinheitlichung angestrebt.
Technik
Als Nebenbahnlok entstand so die Reihe 378 als 1D1t-Heißdampflok. Die gußeisernen Treibräder wurden von der Reihe 178 übernommen. Als Steuerung wählte man die Lentz'sche Ventilsteuerung mit Zwischenhebeln. Um für den Einsatz auf Nebenbahnen die erforderliche Kurvenbeweglichkeit zu erhalten, bekamen die als Adamsachsen ausgebildeten Laufachsen ein radiales Seitenspiel. die zweite Kuppelachse eine seitliche Verschiebbarkeit. Dadurch wurde bei einem Gesamtradstand von 8430 mm ein fester Radstand von lediglich 4200 mm erzielt. Der maximale Achsdruck lag bei 11t und es konnte eine Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h gefahren werden. An Vorräten konnte die 378 in einem Kohlenkasten hinter dem Führerhaus 3t Kohle mitnehmen, in den seitlich angebrachten Kästen hatten 10 Kubikmeter Wasser Platz. Die Lok leistet 875 PSi bei 60 km/h, bei Giesl-Ausführung nahezu 1000 PSi. Angesichts 11t Achsdruck können sich diese Werte durchaus sehen lassen.
Durch die Beschaffung der 378 konnte der Verkehr auf einigen Nebenbahnen bedeutend beschleunigt werden. So stieg etwa auf der Mühlkreisbahn die Reisegeschwindigkeit um 30% an. 1957/58 wurden 72 Lokomotiven der Reihe 93, wie sie nunmehr hieß, mit einem Flachejektor der Bauart Giesl ausgestattet. Sechs Wer erhielten 1958 außerdem einen Mikrofunkenfänger eingebaut. Sie verkehrten auf der Strecke Lambach - Gmunden.
Die 378 wurde sogleich in großer Stückzahl bestellt. 1926/27 lieferten Floridsdorf und die StEG jeweils 50 Maschinen, weitere 57 kamen 1928/29 von SIEG, Floridsdorf, Wiener Neustadt und Krauss Linz. 1931 wurden in Floridsdorf schließlich die letzten 10 Stück fertiggestellt, die abweichend von den Vorgängern mit Stahlspeichenrädern versehen wurden. 1944 wurde in Floridsdorf noch eine 378 gebaut, und zwar für die Wiener Lokalbahn (Nr. 74). Sie unterschied sich lediglich durch eine Stahlfeuerbüchse, etwas kürzere Wasserkästen und eine geänderte Sandstreueinrichtung von den zuvor gebauten Maschinen, war jedoch kein Einzelstück, vielmehr entsprach sie zwei Serien von insgesamt 25 Stück, die in Floridsdorf 1942/44 für die Slowakischen Eisenbahnen (SZ) als Reihe 431.0 gebaut wurden.
Geschichte und Einsätze
Die 378er waren 1937 bei folgenden Heizhäusern zu finden: Krems, Sigmundsherberg, Mistelbach, Schwarzenau, Wien Nord, Bruck a. d. Leitha, Hainfeld, Wittmannsdorf, Aspang, Fehring, Bruck a. d. Mur, Wolfsberg, Villach, Klagenfurt, St. Veit a. d. Glan, Rosenbach, Hermagor, Selzthal, St. Valentin, Hieflau, Pöchlarn, Linz, Wels, Simbach, Lambach, Attnang Puchheim und Schärding. Schon aus dieser Vielfalt läßt sich ablesen, daß die 378er auf nahezu allen Nebenstrecken zuhause waren. Alle 167 Exemplare kamen zur Deutschen Reichsbahn (als 93 1301-1467). 127 Stück blieben nach 1945 bei den ÖBB, wo sie ihre Nummern beibehielten. 1949 erwarben die ÖBB noch die WLB-74 hinzu die zunächst die Nr. 93.1468, ab 1952 jedoch aufgrund ihrer Abweichungen die Nr. 93.1500 erhielt.
6 Loks gingen nach 1945 an die CSD über, wo sie als 431.026-031 eingereiht wurden. 28 Stück kamen schließlich - teilweise auf sowjetische Anordnung - nach Jugoslawien, wo sie von den JZ in 53-001 bis 006 und 53-008 bis 029 umnumeriert wurden und auf Nebenstrecken in Slowenien eingesetzt waren. Zuletzt fuhren sie von Murska Sobota nah Ormoz und in der Umgebung von Rogatec. 1975 wurden sie abgestellt.
Über die Einsätze der CSD 431.001-025 sowie der erbeuteten 6 Maschinen ist nur wenig bekannt. Aus 1965 liegen u.a. Sichtmeldungen über Einsätze in Bratislava und Trencsin vor.
Bei den ÖBB waren die 93er jahrelang unentbehrlich. Bis 1965 blieben alle Lokomotiven im Bestand. 1966 wurde die 93.1420 an die Steiermärkischen Landesbahnen verkauft, die sie als Nr. 93 bezeichneten und für die Strecke Gleisdorf - Weiz als Reserve vorhielten. 1968 setzte bei den Bundesbahnen die große Kassierungswelle ein, dennoch dauerte es bis 1982, ehe die letzte Lokomotive aus dem Bestand schied. Ihre letzten Einsatzjahre verbrachten die 93er im Wald- und im Weinviertel. Der Planbetrieb ging mit dem Fahrplanwechsel im Mai 1976 mit vier von Schwarzenau aus eingesetzten Maschinen zu Ende. Im Herbst 1976 war nochmals eine 93er im Verschub in Mistelbach zu sehen. Es folgten noch gelegentliche Einsätze als Reservelok in Gmünd, die letzte Lok diente als Heizanlage in Krems.
BBÖ 378.01-50 Flor. 29O4-2953/1927
378.51-100 StEG 4770-4819/1927
378.101-115 StEG 4825-4839/1928
378.116- 130 Flor. 2976-2990/ 1928
378.131-140 Wr. N. 5818-5827/1928
378.141 - 150 KrL 1491 - 1500/1929
378.151 - 157 Flor. 3000-3006/ 1928
378.158- 167 Flor. 3027-3036/ 1931
CSD 431.001 -010 Flor. 9289-9298/ 1942
431.011-025 Flor. 16081-16095/l944
Die 93.1455
Am 14.4.1931 wurde die Dampflok 378.155, die gemäß Bestellung Zl. 89100/5598 vom 17.7.1930 durch die Wiener Lokomotivfabrik AG in Floridsdorf unter der Fabriknummer 3004 gebaut worden war, an die BBÖ geliefert. Die amtliche Erprobung fand am 21.4.1931 auf der Strecke Jedlersdorf - Stockerau statt, wobei eine Höchstgeschwindigkeit von 68 km/h erreicht wurde.
Der "Niederschrift gemäß der amtlichen Prüfung für die Zulassung gemäß Paragraph 21 der Eisenbahn-Betriebsordnung vom 16. 11. 1851 " ist zu entnehmen, daß die Lok 378.155 ursprünglich für die Lokalbahn Friedberg - Pinkafeld bestimmt war.
Leider sind die Angaben über die Stationierungen nicht vollständig nachvollziehbar. Ober den Zeitraum bis März 1937 fehlen im Betriebsbuch die Eintragungen, danach bestehen fallweise Unklarheiten. Ab 28. 4. 31 war die Lok in Wien Nord und vom 7. 3. 37 bis 30. 11. 38 in Graz beheimatet. Ob sie direkt von Wien nach Graz umstationiert wurde, ist unklar. Ab 18. 1. 39, wahrscheinlich auch während der Kriegszeit und noch bis zum 8. 9. 47 war Aspang die Heimatdienststelle, danach: bis 9. 10. 47 St. Pölten Hbf., bis 13. 5. 48 Hainfeld, bis 21.2.54 Schwarzenau, bis 28. 3. 60 Gmünd, bis 31.8.71 Mistelbach (23. 11. 67 - 31. 8. 71 in Marchegg konserviert hinterstellt), bis 4. 1. 72 Straßhof, bis 4. 6. 76 Gmünd (22. 7. 75 abgestellt), bis 31. 12. 77 Straßhof und bis 9. 10. 78 Wien Nord, wo sie am 14. 9. 78 offiziell ausgemustert wurde.
Laufleistungen (Auszug):
- 1937 57.960 km
- 1940 60.174 km
- 1946 38.797 km
- 1950 50.579 km
- 1955 50.559 km
- 1959 62.272 km
Die km-Aufzeichnungen enden im März 1960. Die gesamte nachgewiesene Laufleistung beträgt 924.321 km, doch liegt die tatsächliche Zahl wegen der unvollständigen Buchführung weitaus höher.
Der Dampflkesselbescheinigung Nr.63 vom 10.12.1928 ist zu entnehmen, daß der heutige Kessel (Floridsdorf 2990/1928) ursprünglich in der 378.130 eingebaut.war. Die 93.1455 erhielt ihn bei der letzten ÖBB Hauptuntersuchung am 5.6.75, nachdem er aus der 93.1360 entnommen und aufgearbeitet worden war.
Im Mai 1976 ging der Planbetrieb der Reihe 93 offiziell zu Ende. Am 13.1.1978 hieß es "Dampf aus" bei den ÖBB, als im Anschluß an eine Sonderfahrt anläßlich des Ereignisses "140 Jahre Eisenbahn in Österreich" (mit Lok 372 und der 93.1455) symbolisch der Dampf "ausgelassen" wurden.
Zu diesem Zeitpunkt war seitens der ÖBB sowie des österreichischen Eisenbahnmuseums nicht beabsichtigt, eine Lok der Reihe 93 längerfristig zu erhalten. So faßte die ÖGEG den Beschluß, ein Exemplar dieser einst in Österreich weit verbreiteten Loktype zu retten. Die Wahl fiel auf die 93.1455, da diese erst 1975 eine umfangreiche Hauptuntersuchung erhalten hatte und mit relativ geringen Mitteln als ÖGEG-Lok wieder in Betrieb genommen werden konnte. Es begannen Verkaufsgesprache.
Im Zuge einer Jubiläumsveranstaltung kam die 93.1455 nach St. Pölten und führte einen Jubiläumssonderzug nach Kernhof. Später veranstaltete die ÖGEG selbst einen Sonderzug nach Persenbeug. Bei dieser Fahrt wurden die letzten Finanzierungs- und Ankaufsformalitäten abgeklärt. Zwei Tage später, am 10. 10. 1978 traf die 93.1455 in Amstetten ein und weitere zwei Tage später ging die Lok in das ÖGEG-Eigentum über. Gleichzeitig wurden die Möglichkeiten zum Betrieb von Privatloks auf Bundesbahngleisen den ÖBB-Fachdiensten zur Stellungnahme vorgelegt.
Nachdem die Lok technisch in Ordnung war, mußte für die erste Ausfahrt "nur" das äußere Erscheinungsbild der Lokomotive verbessert werden. Dies geschah in den Osterferien 1979, wobei die Lok gänzlich abgeschliffen, grundiert und 2x lackiert wurde. Hierzu war ein Arbeitsaufwand von über 500 Stunden notwendig.
Hindernisse bezüglich des Einsatzes von Privatloks konnten in langen Verhandlungen dennoch positiv erledigt werden und so stand der ersten Fahrt der ÖGEG-Lok am 13. 5. 1979 nach Kleinreifling nichts mehr im Wege.
Für die Nebenbahnlok wurde als Hinterstellungsort Wels auserwählt. Gemäß ihrer Konzeption wird sie vornehmlich vor Sonderzügen auf oberösterreichischen Lokalbahnen eingesetzt.
Die laufende Instandhaltung wird von den ÖGEG-Mitgliedern durchgeführt. So mußte nach Ablauf der Kesselfrist eine Hauptuntersuchung durchgeführt werden, bei der nicht nur der Kessel neue Rohre erhielt, sondern auch der Kohlenkasten neu aufgebaut werden mußte.
Die Einsätze bzw. Strecken können der Übersicht der ÖGEG-Sonderzüge entnommen werden. Mittlerweile hat sich das Rad der Zeit etwas zurückgedreht und so zählt nun auch die ÖBB selbst als Mieter für publikumswirksame Veranstaltungen.
Seit dem Ankauf bis Ende 1987 wurden von den ÖGEG-Mitgliedern in ihrer Freizeit für die laufende Erhaltung über 6000 Arbeitsstunden aufgewendet.
93.1326
Die 93.1326 hieß ursprünglich "378.26" und wurde im Jahre 1927 unter der Fabriknummer 2929 durch die Wiener Lokomotivfabrik AG Wien XXI gebaut. Nachdem die Lok am 13. 8. 1927 ausgeliefert wurde, fand die amtliche Probefahrt am 25. 8. 1927 auf der Strecke Jedlersdorf - Stockerau statt und noch am selben Tag wurde die Lok der Heizhausleitung Wien Nordbahn übergeben. Auch hier sind die Betriebsbucheintragungen sehr lückenhaft. Über die ersten Jahre liegen keine Angaben vor. Nach dem Krieg war die Lok noch bis zum 16. 1. 47 in Bruck a. d. Leitha Hbf. beheimatet, bis 9. 10. 51 in Mistelbach, bis 25. 8. 53 wieder in Bruck/L., bis 12. 9. 53 in Mistelbach, bis 14. 6. 55 in Bruck/L., bis 17. 9. 67 in Krems/Donau, bis 22. 5. 71 in Mistelbach, bis 30. 9. 75 in Straßhof, bis 31. 5. 76 in Gmünd, bis 31. 12. 77 in Straßhof und danach in Wien Nord (Standort: Krems), wo sie am 20. 9. 82 als letzte ÖBB Normalspurdampflok ausgemustert wurde.
Der Abschlammschieber wurde am 5. 6. 51 gegen einen Gestra-Abschlammer der Bauart Friedmann getauscht und die Öl-Beleuchtung am 27. 2. 43 gegen eine elektrische Beleuchtung mit Lichtschutzblenden ersetzt. Am 7. 2. 57 wurden die Dampfkolbenstangen auf Schleppkolben umgebaut. Seit dem 30. 4. 1958 trägt die 93.1326 den Giesl-Flachejektor.
Der Kessel (Floridsdorf 9377/1943, Abnahme 20. 1. 1944) gehörte anfangs der 93.1468, ab 1952 der 93.1410, ab 1960 der 93.1455 und seit 1975 der 93.1326. Bei der 93.1468 handelt es sich um die ursprüngliche Lok 74 der Wiener Lokalbahn, die als 93.1468 in den ÖBB-Bestand überging und später in 93.1500 umgezeichnet wurde.
Im November 1982 gelangte die 93.1326 in den Bereich der HW St. Pölten und ging in den Besitz der Brenner & Brenner Dampflokomotiv - Betriebsgesellschaft über. Im Februar 1988 sollte die mittlerweile an die Eisenbahnfreunde Paderborn verkaufte Lok in die Bundesrepublik Deutschland überführt werden, doch sie erreichte ihr Ziel nicht, denn mittlerweile waren sich die EF Paderborn und die ÖGEG über einen Lokomotivtausch einig geworden.
Seit dem 1. 3. 1988 steht die letzte in Österreich erhalten gebliebene 93er mit Giesl-Ejektor in Wels unter der Obhut von ÖGEG-Mitarbeitern. Mit den Ausbesserungsarbeiten ist bereits begonnen worden.