Die Flußläufe der Oststeiermark verlaufen im großen und ganzen in südlicher bis südöstlicher Richtung gegen Ungarn zu. Die dazwischenliegenden, gegen die Ungarische Tiefebene sich verflachenden Berg- und Hügelketten treten daher den auf die Landeshauptstadt Graz orientierten ostwestlich verlaufenden Hauptverkehrswegen als Hindernis entgegen. Auch die Feistritztalbahn, die von der ein regionales Zentrum bildenden Industriestadt Weiz ihren Ausgang nimmt, muß, um aus dem Tal des Weizbaches in das östlich gelegene Feistritztal zu gelangen, zunächst etliche Hügelketten überqueren. Der Abschnitt zwischen Weiz und Oberfeistritz ist deshalb besonders reich an Kunstbauten, während sich im Feistritztal selbst, außer im Engtal zwischen Rossegg und Birkfeld, der Bahn keine bedeutenderen Hindernisse mehr in den Weg stellen.
Unsere Fahrt beginnt auf dem Bahnhofsvorplatz in Weiz, km 0,0, 462 m. Wir fahren zunächst ein Stückchen in der Richtung zurück, aus der wir mit dem Normalspurzug von Gleisdorf gekommen sind, überqueren dann am südlichen Bahnhofkopf im Niveau das Normalspurgleis, um uns gegen Nordosten zu wenden. Im Norden beherrscht die weithin sichtbare doppeltürmige Wallfahrtskirche am Weizberg das Bild. Lautes Stampfen der kleinen Lok und langsamer werdende Fahrt zeigen uns alsbald, daß wir die erste flache Hügelkette überqueren. Danach übersetzen wir in km 1,8 auf einer 16 m langen Brücke den Fladnitzbach und erreichen, neuerlich ansteigend, in km 2,8 die erste Haltestelle, Büchl (475 m). Unmittelbar danach verschwindet der Zug das erste Mal in einem Wald. Bis Hart-Puch geht nun die Fahrt im Durchschnitt steigend weiter in nordöstlicher Richtung. Etliche Quellbäche der Ilz querend, führt dabei die Trasse entlang dem Abhang des Raasberges, wobei Steigungen bis 25 Promille auftreten. Nachdem wir bei km 4,1 über den 59 m langen Nöstl-Viadukt gerollt sind, erreichen wir die Haltestelle Peesen (km 4,9, 470 m). Es folgt gleich darauf in km 5,1 der 42 m lange Peesen- und in km 5,9 der 51 m lange Baz-Viadukt. Bei den Brücken der Feistritztalbahn verdient vermerkt zu werden, daß hier die damals noch recht junge Bauform des Stahlbetongewölbes erstmals in großem Umfang angewendet wurde. Die nächste Haltestelle ist Bachl (km 6,1, 483 m). Bald danach, nächst dem km 6,6, queren wir den zur Abwechslung in konventioneller Bruchsteinbauweise errichteten 93 m langen Bachl-Viadukt, und dann folgt nach km 7,8 das Glanzstück der Strecke, der 276 m lange Grubviadukt. Dieser mächtige Talübergang mit seinen vier Hauptöffnungen aus Stahlbeton und neun weiteren Nebenöffnungen würde jeder erstrangigen Hauptbahn alle Ehre machen! Bald danach erreichen wir die Scheitelstation des Hügellandabschnittes, die Halte- und Ladestelle Hart-Puch (km 8,5, 510 m). Unmittelbar nach ihr durchstößt die Trasse in einem 223 m langen Tunnel (Kulminationshöhe 516 m) die Kuppe einer Hügelkette, um sich ins Feistritztal hinabzusenken. Dabei übersetzt sie in km 10,8 in 22 m Höhe den Fluß auf dem 133 m langen Feistritz-Viadukt genau an der Stelle, wo er am unteren Ende des Talbeckens von Anger wieder in ein Engtal tritt. Die Strecke führt so dann das letzte Stück an der (orographisch) linken Lehne des Haupttales hinab in die Station Oberfeistritz (km 11,6, 461 m).
Hier in Oberfeistritz befindet sich eine Verladeanlage des bedeutenden Talkumbergbaues, der der wichtigste Kunde dieser Bahn ist. Das etwa 5 km entfernte im Gebiet des Rabenwaldes gelegene Bergwerk ist mit der Bahn durch eine Seilbahn verbunden. Für die in Richtung Weiz fahrenden, vorwiegend aus beladenen Güterwagen bestehenden Züge bedeutet die Gegensteigung zwischen Oberfeistritz und Hart-Puch mit ihren 23 Promille ein arges Hindernis. Der Fahrplan wurde daher entweder so eingeteilt, daß eine zweite Lok zur Vorspannleistung bereitstand, beziehungsweise wurde der Zug in zwei Teilen die Rampe hinaufbefördert, wobei der erste Teil auf dem Ladegleis in Hart-Puch beiseitegestellt wurde.
Die gesamte weitere Fahrt geht nun, stets im Tal der Feistritz verbleibend, ziemlich genau nach Norden. Zwischen Oberfeistritz und Ratten steigt die Strecke mit durchschnittlich 9, maximal 20 Promille an. In dem nun ziemlich weiten Talkessel aufwärts fahrend erreichen wir nach kurzer Zeit die Station Anger (km 13,2, 474 m). Das Zentrum des Ortes, einer beliebten Sommerfrische, liegt am anderen Ufer. In der Station Anger endet eine zweite Seilbahn des Talkumbergbaues und wie in Oberfeistritz sehen wir bei der Verladeanlage stets einige geschlossene Güterwagen. Inzwischen hat, was in Anger traditionell geschieht, unsere Dampflok Wasser genommen. Bald nach der Ausfahrt kommen wir an der Nothelferkirche vorbei und nach etwa zwei Kilometern Fahrt erreichen wir bei dem Örtchen Steg das obere Ende des Talbeckens.
Mit dem Eintritt in ein Engtal nimmt fast schlagartig der Charakter der Landschaft, über dem bis hierher noch ein Hauch des Südens gelegen war, alpines Gepräge an. Als nächstes erreichen wir in km 17,4 die Halte- und Ladestelle Rossegg (516 m). Wiewohl seit dem Sommerfahrplan 1937 die Schreibung des Ortsnamens mit Doppel-s amtlich ist, prangt auf dem Stationsschild nach wie vor der Name mit einfachem s. Ein Beispiel liebenswerter österreichischer Lebensart, das uns noch lange erhalten bleiben möge! Von einem Ort ist weit und breit nichts zu sehen, ein Umstand, dem wir dann zwischen Birkfeld und Ratten noch mit größter Regelmäßigkeit begegnen werden. In zahlreichen Windungen geht es weiter durch das Engtal. In km 18,8 durchschneidet die Bahn mit dem 93m langen Frondsberg-Tunnel einen Umlaufberg und kurz danach hält der Zug in der Halte- und Ladestelle Koglhof (km 19,3, 534 m). Hinter uns erhebt sich auf dem Umlaufberg die mächtige Burg Frondsberg, links auf einer Anhöhe liegt das Örtchen Koglhof. Die Kirche mit den paar Häusern ist allerdings nur das Zentrum einer ausgedehnten Streusiedlung. Auf der Weiterfahrt durchqueren wir bei km 20,9 den 106 m langen Kirchleiten-Tunnel, den dritten und letzten der Strecke. In km 22,4 übersetzen wir auf einem 78 m langen Bruchsteinviadukt den Hollersbach (auch Höllersgraben oder Hollosbach genannt).
Hier erscheint ein kleiner Exkurs notwendig: Am Nachmittag des 14. Juli 1918 waren im Feistritztal nach einem schweren Unwetter die Wasserläufe stark angeschwollen. Fast unmittelbar nachdem der Abendzug Weiz - Birkfeld den Hollersbach-Viadukt überquert hatte, stürzte infolge Unterwaschung Pfeiler der Mittelteil der Brücke in sich zusammen. Der Verkehr war hernach für zwei Monate unterbrochen, bis eine Behelfsbrücke errichtet war. Man verzichtete später aus Sicherheitserwägungen auf einen Wiederaufbau der beiden gefährdeten Pfeiler und überbrückte die drei fehlenden Felder 1925 mittels eines stählernen Tragwerkes, das dem Viadukt sein heutiges etwas unharmonisches Aussehen verleiht. Hochwasser und Erdrutsche haben im Laufe der Zeit übrigens immer wieder zu Betriebsunterbrechungen und zweimal auch zu größeren Unfällen geführt. Der spektakulärste Unfall, der sich je im Feistritztal ereignete, war der der U 38 am 17. August 1962. Bei km 21,6, das ist zwischen Kirchleiten-Tunnel und dem Hollersbach, fuhr sie mit dem Abendzug auf eine Mure auf. Die Lok und ein Personenwagen stürzten bis in den Fluß, während der Dienstwagen 52, der dabei buchstäblich zu Kleinholz wurde, und zwei weitere Personenwagen verstreut auf der steilen Böschung liegenblieben. Trotz des dramatischen Aussehens forderte dieser Unfall glücklicherweise keine Menschenleben. Wesentlich glimpflicher verlief ein Unfall am 13. Juli 1966 nächst Steg, wo ein Zug von einer Erdlawine getroffen und drei Waggons aus den Schienen geworfen wurden, wobei aber die 30 Reisenden mit dem Schrecken davonkamen. Ein weiterer aufsehenerregender Vorfall spielte sich ebenfalls in diesem Streckenabschnitt ab: In der Nacht vom 23. auf den 24. Februar 1974 beschlossen drei Besucher einer Birkfelder Faschingsveranstaltung, die Heimreise per Bahn anzutreten. Sie kuppelten im Bahnhof Birkfeld den mit Kohle beladenen Waggon 00 551 von einer Garnitur ab und schoben ihn auf die abfallende Strecke. Als die Geschwindigkeit zunahm, sprangen sie, da ihre getrübten Sinne offenbar das Vorhandensein einer Handbremse nicht wahrnahmen, in Panik ab; das führerlose Fahrzeug aber wurde immer schneller, bis es endlich im Bahnhof Koglhof entgleiste und die Böschung hinabstürzte.
Doch zurück zu unserer Reise: In km 22,7 wechseln wir über den 90 m langen Birkfelder Viadukt von der (orographisch) linken auf die rechte Talseite über, auf der wir bis Ratten verbleiben. Gleich darauf wird der linkerhand oberhalb der Bahnlinie liegende Ort Birkfeld sichtbar und wenig später halten wir in dem größten Unterwegsbahnhof der Strecke. Hier befindet sich auch ein kleines Heizhaus, in dem zu Zeiten des regelmäßigen Personenverkehrs zumeist eine Lok übernachtete.
Nun beginnt die ehemalige Kohlenbahn nach Ratten. Kurz nach der Ausfahrt (km 24,2) übersetzen wir den Waisenbach auf einem 42 m langen Viadukt, nebst einer Brücke bei Waisenegg der einzige bedeutendere Kunstbau des oberen Streckenabschnittes. (Im Gegensatz zur hier gewählten durchlaufenden Kilometrierung stehen an der Strecke die Kilometerzeichen der Industriebahn mit dem Nullpunkt in Birkfeld.) Die Fahrt geht nun durch das mäßig enge Tal ohne besondere landschaftliche Höhepunkte weiter nordwärts, wobei wir bis Ratten keine einzige Ortschaft sehen. Diese liegen durchwegs auf den Hochflächen des Berglandes, da nur dort die Anlage von Feldern und Weiden möglich war. Nach Passieren der schon erwähnten 32 m langen eisernen Brücke bei km 28,1, die der Reisende infolge ihrer Lage im Wald meist übersieht, erreichen wir die erste Haltestelle, Waisenegg (km 28,4, 610 m). Wir kommen dann über die Halte- und Ladestelle Strallegg (km 31,6, 636 m) nach Fischbach (km 36,3, 671 m), ebenfalls Halte- und Ladestelle. Der Ort Fischbach, der. größte in dieser Gegend, liegt gute 5 km westlich der Bahn in einer Seehöhe von 1010 m! Zwischen Fischbach und der Halte- und Ladestelle Falkenstein (km 37,7, 688 m) liegt die einzige Talenge oberhalb von Birkfeld. Es folgt in km 40, 7 noch die Halte- und Ladestelle St. Kathrein am Hauenstein (724 m), und dann fahren wir in die Endstation Ratten (km 42,2, 737 m) ein. Der kleine Ort hat sich nach dem Verlust des Kohlenbergbaues zu einer netten Sommerfrische entwickelt. Am Bahnhof befindet sich neben einem kleinen Heizhaus noch ein mächtiger Portalkran zur Erleichterung des Holzumschlages von Lastautos auf die Bahn.