Die Feldbahnen im Tal der Schwarzaist bei Schwertberg
Die Österreichische Kaolin- und Montanindustrie, die Pappenfabrik Carl Johann Merckens und die Steinwerke Poschacher planten 1923 gemeinsam, ihre Betriebe im Tal der Schwarzaist mit einer vom Bahnhof Schwertberg ausgehenden Feld- und Industriebahn zu erschließen. Die Produkte der drei in Josefstal situierten Betriebe sollten in einem gemeinsamen Umladebahnhof nahe dem Bundesbahnhof Schwertberg an der Bahnlinie Krems - St. Valentin verladen werden und die Positionen der drei Firmen im wirtschaftlichen Wettbewerb günstiger gestalten. Den sorgfältig ausgearbeiteten Plänen blieb eine Realisierung teilweise versagt. Die aufwendigen Umladeanlagen in Schwertberg wurden nicht errichtet. Die Firmen Poschacher und Merckens zogen sich vom Projekt zurück, die Österreichische Kaolin- und Montanindustrie baute allein nach verschiedenen Änderungen der Ursprungspläne, die Pappenfabrik stattete ihren Betrieb mit umfangreichen Feldbahnanlagen aus, blieb aber beim Fuhrwerks- und Lastkraftwagentransport zur nächsten Bahnstation. Im Kaolinabbau Kriechbaum standen ab 1923 schon Gruben- und Feldbahnen in Betrieb, und im Abbau Weinzierl folgten um 1950 Förderbahnstrecken.
DIE INDUSTRIEBAHN JOSEFSTAL - SCHWERTBERG
Die Kaolinvorkommen in Kriechbaum nahe Schwertberg waren bereits in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts bekannt, blieben aber ungenutzt. Den Kaolinbedarf Österreichs deckten bis 1922 zum Großteil ausländische Firmen. Mit der Gründung der Österreichischen Kaolin- und Montanindustrie Ges.m.b.H., später kurz KAMIG genannt, die die Vorkommen der im tertiären Granitgebiet von Kriechbaum im östlichen Mühlviertel gelegenen Kaolinlagerstätten ausbeuten wollte, war die Grundlage zur inländischen Versorgung gegeben. Das Transportproblem, die Kaolinerde vom Gewinnungsfeld Kriechbaum zum Aufbereitungsbetrieb Josefstal und von dort zur nächsten Station der Bundesbahn zu bringen, war bald gelöst.
Nach Josefstal gelangte eine Seilbahn zum Bau, von dort erfolgte der Weitertransport auf einer Industriebahn mit 600 mm Gleisen und einer Streckenlänge von 2,858 km Länge. Das ursprünglich von drei Firmen viel zu aufwendig geplante Projekt blieb zum Teil der KAMIG, die nach einer örtlichen Verhandlung am 8. 10. 1923, dem Genehmigungserlaß des BMfHuV ZI. 15901/32 vom 6.12.1923, mit dem Bau der Bahn begann. Die ursprünglich entwickelten Pläne, die großangelegte Umladeanlagen mit Lagerhallen und ein ausgedehntes Gleisnetz in Schwertberg vorsahen, kamen nicht zur Verwirklichung. Insgesamt vier Projekte lagen vor. Bewilligt wurde das abgeänderte, zuletzt erarbeitete vierte Projekt.
Vom ursprünglich geplanten Streckenverlauf blieb der Großteil ungebaut. Vom normalspurigen Schleppbahnanschluß in Schwertberg ausgehend, verlief die Bahntrasse neben der Straße durch den Ort. Nahe dem Schloß ging man vom Projekt ab und verlegte das Gleis, das bis dahin rechts der Straße lag, auf die linke Fahrbahnseite, und dort verblieb die Strecke bis zum Endbahnhof in Josefstal. Den Plan einer Betriebsausweiche mit einer Nutzlänge von 80 m beim km 1,3 hatte man genauso aufgegeben wie die Errichtung eines Betriebsbahnhofs mit zweigleisigem Lokomotivschuppen in Schwertberg. Vielmehr paßte man sich den damals ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnissen an, baute sparsam und erwarb bald nach der Fertigstellung der Bahnstrecke eine große GEBUS Lokomotive mit zwei benzinelektrisch angetriebenen zweiachsigen Drehgestellen. Die mit der Fabriknummer 52 und der Typenbezeichnung F 2 6040 C 1926 gelieferte Maschine entsprach vorerst recht gut, war aber nur als Übergangslösung gedacht. Für den sparsamen täglichen Verkehr sollten zwei Cn2-feuerlose Dampfspeicherlokomotiven gekauft werden. Die Wiener Neustädter Lokomotivfabrik entwickelte Pläne, die durch das Vorhandensein einiger Fertigteile wesentlich beeinflußt waren. Die Konstruktion der ersten als Naßdampfmaschine zu bauenden Lokomotive war bereits begonnen, da stellte die Lokomotivfabrik ihre Produktion ein. 1930 gelangte das halbfertige Triebfahrzeug zur Wiener Lokomotivfabrik in Wien-Floridsdorf, wurde dort fertiggestellt und im Oktober 1930 an die KAMIG ausgeliefert. Das Fahrzeug hat sich vorzüglich bewährt. Es entsprach so gut, daß auf den Erwerb der Schwestermaschine verzichtet wurde.
Daten der Lokomotive:
Erbauer: Wiener Lokomotivfabriks Aktien Gesellschaft, Wien-Floridsdorf
Baujahr: 1930, Fabriknummer: 3012
Dauerleistung: 114 PS
Dienstgewicht: 13,2 t
maximaler Betriebsdruck: 10 at
Wasserinhalt: 3,3 t
zulässige Geschwindigkeit: 15 km/h
Schlepplast bei 0,0 Promille: 235 t, bei 2,5 Promille 60 t.
Der feuerlosen Lokomotive war in den 52 Jahren ihres Betriebes auf der Bahn ein außergewöhnlicher Erfolg beschieden. Das Personal schätzte die einfache Bedienung und die technische Anspruchslosigkeit. Die Außenrahmenmaschine hatte anstelle des üblichen Lokomotivkessels mit Feuerbüchse und Stehbolzen sowie Siederohren und Nietnähten, die heikel in der Behandlung und teuer in der Erhaltung sind, einen druckfesten zylindrischen Behälter, der zu etwa drei Viertel mit möglichst heißem Wasser gefüllt werden mußte. Von einem ortsfesten Dampfkessel über ein flexibles Anschlußstück war dies möglich. War der für den Betrieb notwendige Dampfdruck erreicht und das Anschlußstück von der Füllöffnung an der Vorderseite der Lokomotive entfernt, war die Maschine betriebsbereit. Obwohl kein Schlot notwendig war, erhielt das Naßdampffahrzeug mit Flachschiebern zur Ableitung des Abdampfs eine Rauchfangimitation und wirkte dadurch an kalten Wintertagen wie eine echte Dampflokomotive. Eine Dampffüllung reichte für eine Fahrt von Josefstal nach Schwertberg, für den dortigen Verschub und die Rückfahrt.
Bevor allerdings die Dampfspeicherlokomotive nach Schwertberg kam, gesellte sich 1929 zur vorhandenen GEBUS Maschine noch eine zweite benzinelektrisch angetriebene vierachsige GEBUS Lokomotive. Vorher beim Bauunternehmen Redlich & Berger verwendet, war sie von GEBUS als Leihlokomotive an die KAMIG vermietet worden. 1928 von GEBUS/Oedl/Gräf & Stift gebaut, trug das Fahrzeug der Type F 4 6030 die Fabriknummer 91 und war ursprünglich im August 1928 zum Bauunternehmen gekommen. Nach kurzer Betriebszeit auf der Kaolinbahn gelangte das Fahrzeug zur Kohlenbahn Lobnig Rechberg in Kärnten, erlitt dort 1929 schwere Unfallschäden, die nach einer Rücknahme von GEBUS mit einem gänzlichen Neuaufbau, dem Einbau eines 50 PS Motors und Änderungen an den Aufbauten sowie der Ablieferung mit Fabriknummer 147 im Dezember 1929 wieder an die Kärntner Kohlenbahn endeten.